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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2006
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 8. Dezember 2006
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Bautz, Ekkehard K. F.: Biopharmaka: Wirkstoffe aus der Molekularbiologie
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0091
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8. Dezember 2006

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Herr zu Putlitz regt weiterhin an, daß alle an einer Mitgliedschaft interessierten
HAW Mitglieder sich um Aufnahme bei acatech bemühen, auch dadurch könne die
Kooperation mit acatech befördert werden.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Herr Ekkehard Bautz hält einen Vortrag: „Biopharmaka: Wirkstoffe aus der Moleku-
larbiologie“.
Pharmaforschung begann in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Energie wurde damals
hauptsächlich aus Steinkohle gewonnen. Der als Rückstand anfallende Steinkohlen-
teer gewann schnell eine hohe wirtschaftliche Bedeutung durch seinen Gehalt an
Farbstoffen, die in der Textilfärbung Verwendung fanden. Einige dieser wurden von
Medizinern zum Anfärben von Gewebeschnitten benutzt, wobei man feststellte, dass
bestimmte Zelltypen sich spezifisch mit z.B. Eosin oder Malachitgrün anfärben
ließen. Da dies auch für lebende Zellen galt, kam die Idee der Chemotherapie durch
chemische Naturstoffe auf. So entwickelten sich Farbwerke wie Hoechst oder Bayer
zu forschenden Pharmaunternehmen. Parallel zu den Teerprodukten führte der Auf-
stieg der Chemie zur Endeckung neuer Inhaltsstoffe von Pflanzen. Einige Apothe-
ker begriffen die Herausforderung, daraus standardisierte Wirkstoffe zu entwickeln,
und gründeten Firmen wie Merck, Schering und Boehringer. Eine ähnliche Ent-
wicklung geschah in der Schweiz.
Die Molekularbiologie begann mit Max Delbrück. Als theoretischer Physiker
suchte er, zusammen mit dem Biologen Salvatore Luria, nach den kleinsten ver-
mehrungsfähigen Partikeln, die er möglichst quantitativ erfassen wollte. Das Ergeb-
nis war, dass sich Viren wie Moleküle berechnen und quantifizieren ließen. Ein wei-
terer Meilenstein war die Erkenntnis, dass die Erbinformation nicht in Proteinen
sondern in DNA verschlüsselt ist. Das 1953 veröffentlichte Modell der DNA-Struk-
tur von Watson und Crick führte binnen eines Jahrzehnts zum Verständnis der
Mechanismen der DNA-Replikation, der Transkription und Translation einschließ-
lich des genetischen Codes. Die 70er Jahre erlebten einen Technologieschub, sowohl
durch die Klonierung und Expression von Fremdgenen in Bakterien und wenig spä-
ter in Hefe- Insekten- und Säugerzellen, als auch durch die Entwicklung effizienter
Methoden zur Sequenzierung von DNA. Parallel dazu entwickelten Köhler und
Milstein 1975 die Methode zur Herstellung monoklonaler Antikörper.
Aus diesen beiden Technologien, Herstellung rekombinanter Proteine und
monoklonaler Antikörper, resultiert die neue Klasse von Medikamenten, die Bio-
pharmaka.
Zuerst konzentrierte man sich auf die Herstellung von Proteinen, deren
therapeutische Wirkung schon bekannt war, wie menschliches Wachstumshormon,
Insulin oder Gewebeplasminogenaktivator. Methoden der „reverse Genetics“ wur-
den dazu benutzt, noch unbekannte oder nur ihrer Aktivität nach bekannte Proteine
zu gewinnen, so die Interferone, viele Interleukine, Erythropoetin, Koloniestimulie-
rende Faktoren. Zu den Biopharmaka gehören auch neuartige Impfstoffe, so ein
 
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