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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0264
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

Spannungen und Aporien der Frage nach einer Europäischen Kultur zu antworten.
Sein Titel ist dabei Programm — und verrät die Nähe zum Ansatz unseres Gesamt-
projekts:
Drittens: „Europäische Kultur“. Kritik eines Konzepts zwischen Geschichte und Gegenwart
Bewusst geht es uns nicht mehr um die Frage, wo sich vergangene Identitätsfiguren
finden, die den heutigen Bedürfnissen entweder historisch vorausgehen (und sie damit
historisch fundieren) oder sie exemplarisch vorwegnehmen (und sie damit moralisch
profilieren). Statt Kultur funktionalistisch und apriorisch auf die Stiftung gemein-
schaftsbildender Identität auszulegen oder als Ausdruck eines Zugehörigkeitsbewus-
stseins zu konzeptualisieren, wird die Vorstellung einer Europäischen Kultur vielmehr
selbst zum Gegenstand. Nach dem Zusammenhang zwischen ‘Europa’ und ‘Kultur’
- freilich gerade nicht im Sinne der momentan florierenden Suche nach (wie auch
immer dimensionierten) ,kulturellen Grundlagen’, Grundlogiken, -Strukturen oder -
werten. Vielmehr kehrt er die Logik der bisherigen Diskussion programmatisch um
— und macht das Konzept einer ‘Europäischen Kultur’ selbst zum Thema und zum
Problem. Dabei soll es im Ganzen um eine kritische Problematisierung der schein-
baren Selbstverständlichkeit des Konzepts einer „Europäischen Kultur“ gehen, die
gerade nicht apriorisch auf (gelingende) Sinnstiftung und Identitätsbildung festgelegt
werden soll. Dies impliziert
(1) die systematische Klärung des Konzeptes, seiner methodischen Implikationen
und der Leistungsfähigkeit einschlägiger kulturwissenschaftlicher Ansätze und
Perspektiven (etwa des Konzeptes europäischer ‘Erinnerungsorte’). Auch
grundsätzliche Fragen wie die Frage nach der Möglichkeit einer kulturellen
Legitimierung aus Sicht der politischen Philosophie und Politikwissenschaft
sollen debattiert werden.
(2) die historisch-kritische Klärung und Analyse einschlägiger, aber auch unbe-
kannterer (oder gar tabuisierter) Konzepte, Vorstellungen, Behauptungen,
Annahmen und Rekonstruktionen einer Europäischen Kultur’ — und dies unter
einer Perspektive, die der Kontextualität derartiger Konzepte Rechnung trägt,
(3) die Frage, welche Rolle das Konzept einer „Europäischen Kultur“ im Verlauf
der Entstehung sowie der Gegenwart der Europäischen Union und ihrer poli-
tischen Kultur spielt(e); dabei muss auch die innereuropäische Vielfalt der Kon-
struktionen Europäischer Kultur, sowie der Unterschied zwischen Zentrum
und Peripherie berücksichtigt werden.
(4) außereuropäische Vorstellungen „Europäischer Kultur“.
Durch Beiträge zu systematisch ausgewählten einschlägigen Aspekten der Problema-
tik soll damit auch das in jüngster Zeite verstärkt beklagte methodische Defizit der
Europaforschung addressiert werden.
Zusammengefasst: Ziel der Abschlussphase einer Verlängerung unserer For-
schungskooperation ist es, die in der ersten Förderperiode begonnen Arbeiten zu
einem Abschluss zu bringen. Zum einen bedeutet dies den Abschluss all der Projek-
te, die Europäische Vergangenheitskonstruktionen unter der skizzierten Perspektive
 
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