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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 21. Juli 2007
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Esser, Hartmut: Kann man mit 'Sinn' kausal erkläre?: Beitrag zur Diskussion "Ist Geisteswissenschaft Wissenschaft?"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0081
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SITZUNGEN

„Pfadabhängigkeit“ institutioneller Entwicklungen und Blockaden oder des Ablaufs
einer — historisch „einmaligen“ — Revolution.
Das Konzept entspricht bis dahin den üblichen naturwissenschaftlichen
Erklärungen, etwa evolutionärer Abläufe, die ja ebenfalls historisch spezifisch sind
und immer wieder neue Varianten erzeugen, auch wenn die dabei beteiligten Ge-
setze (hier: die der biologischen Reproduktion und Selektion) ohne Zweifel kausal
und allgemein sind. Das für die Sozialwissenschaften besondere Problem besteht
dann, dass es kaum, wenn überhaupt, allgemeine Gesetze auf der „gesellschaftlichen“
Ebene gibt, die die verschiedenen Einzelsequenzen zu verbinden vermögen, etwa
solche der Wirkung von Institutionen. Es wiederholt sich hier - in einem deutlich
kleineren Maßstab - das Problem der fehlenden Geschichtsgesetze und es war nicht
zuletzt Max Weber, der die Lösung des Problems schon früh vorbereitet hat: Alle
sozialen Zusammenhänge beruhen letztlich auf dem situationsorientierten Handeln
von (individuellen) Akteuren und der dadurch oft unintendiert erzeugten gesell-
schaftlichen Folgen. Jede der Einzelsequenzen bei einer genetischen bzw. histori-
schen Erklärung muss daher - im elementarsten Fall - in drei Schritte aufgeteilt wer-
den: die Rekonstruktion der Sicht der Situation durch die Akteure, die Erklärung
eines bestimmten Handelns aus dieser Sicht der Situation durch den Akteur und die
Ableitung der neuen Situation (unter anderem) aus diesem Handeln. Die Rekon-
struktion der Situation ist bei Max Weber das „deutende Verstehen“ der Beweg-
gründe der Akteure: die Ermittlung des „subjektiven Sinns“ ihres Tuns. Erst dann
wird es möglich, auch den „Ablauf“ und die „Folgen“ des Handelns — wie es bei
Weber weiter heißt - „ursächlich zu erklären“. Erkennbar wird mit diesem Konzept
die systematische Verbindung von „Verstehen“ und „Erklären“ angestrebt. Das deu-
tende Verstehen der Situation entspricht ohne Weiteres den eher geisteswissenschaft-
lichen Vorstellungen für die Notwendigkeit hermeneutischer Analysen, aber es feh-
len dort - wenigstens explizit - die nächsten Schritte: das „ursächliche Erklären“ des
Handelns (und dessen Folgen). Damit aber verlagert sich die Frage nach den für jede
„Erklärung“ nötigen allgemeinen Gesetzen wieder eine Stufe tiefer: Kann es denn
überhaupt allgemeine Gesetze geben, die das mit subjektivem Sinn versehene Han-
deln der Menschen bestimmen, wenn sich der subjektive Sinn jeder Idee einer kau-
salen Verursachung entzieht?
„ Sinn “ und ,, Verstehen “
Unter (subjektivem) „Sinn“ seien — wiederum im Anschluss an Max Weber - die
Vorstellungen aller Art verstanden, die die Akteure mit ihrem Tun verbinden. „Ver-
stehen“ ist, ganz allgemein gesagt, die Rekonstruktion der Generierung eines Han-
delns, einschließlich von Äußerungen und künstlerischen Produktionen, über den
Bezug auf solche subjektiven Vorstellungen, die dem Handeln aus der Sicht des
Akteurs „Sinn“ verleihen. Das Verstehen ist damit die Ermittlung der „guten Grün-
de“ für das jeweilige Tun. Das klassische Modell dafür ist der sog. praktische Syllo-
gismus. Er lautet in seiner einfachsten Form: Ein Akteur A will W. Der Akteur A hat
den Glauben G, dass zur Erreichung von W das Handeln H notwendig ist. Also han-
 
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