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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0282
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Das WIN-Kolleg | 295

- in bezug auf politische Kontexte und kommunikative Bedingungen: Was wird über
Vergangenheitsdiskurse legitimiert, was delegitimiert und was nicht? In welchen
pragmatischen Kontexten und Konflikten werden Vergangenheitsdiskurse aktuell
relevant? Von welchen politischen Faktoren (Staatlichkeit, Legitimationsdefizite,
symbolisches Kapital) sind sie geprägt? Welche Rolle spielen Herrschaftskonzepte
bei der Konstruktion spezifischer Vergangenheitskonstruktionen? Welche Kon-
flikte werden in ihnen verhandelt oder vermittelt? Wie wird das Wissen um die
Vergangenheit verwaltet? Wer sind die Träger und Produzenten von Vergangen-
heitskonstruktionen? Inwiefern sind Vergangenheitsdiskurse mit dem symboli-
schen Kapital und politischem Anspruch von Gruppen verbunden? Welche
Offentlichkeit(en) werden über Vergangenheitskonstruktionen konstruiert?
Welche Karrierestrategien sind mit ihnen verbunden? Inwiefern sind sie ‘symbo-
lisch politisierte’ Moment(e) von Auseinandersetzungen um Ansehen, Ressour-
cen etc.? Welche Exklusions- und Inklusionslogiken sind mit ihnen verbunden?
Welche ökonomischen Dimensionen besitzt die Vergangenheitskonstruktion?
Programmatisch ließ sich die Verbindung dieses Blicks als Archäologie und
Genealogie vormoderner Vergangenheitskonstruktionen bezeichnen und hinreichend gegen
die Ansätze der historischen Semantik (KOSELLECK), des kulturellen Gedächtnisses
(ASSMANN) und der — zu einseitig auf vorgegebene literarische Dynamiken fixierte
— Theorie Hayden WHITES abgrenzen.
TAGUNG UND BAND: Diesseits von Geschichte und Gedächtnis? Vormoderne Ver-
gangenheitskonstruktionen als kulturwissenschaftliche Herausforderung
Absicht der Tagung war es, in einem bewußten Verzicht auf Epochengrenzen an her-
ausragenden Geschichtsdarstellungen und -konzepten der Vormoderne zu erarbei-
ten, über welche Kategorien der konstruktive Charakter der Konstruktion von Ver-
gangenheit deutlich gemacht werden kann und welche Rolle dabei etablierte Kon-
zepte wie „Geschichte“ (im KOSELLECKschen Sinne) bzw. „Gedächtnis“ spielen
können. Dabei konnte gezeigt werden, daß Kategorien wie „Verhandeln politischer
Positionen“, „Kontingenz- und Zukunftskonstruktion“, „symbolisches Kapital“ von
zentraler Bedeutung für das Verständnis vormoderner Historiographien sind. Die
Aufsätze widmen sich dabei u.a. der Vergangenheitskonstruktion im griechischen
Theater (B. ZIMMERMANN), der römischen pompa funebris (e. FLAIG), der alttesta-
mentarischen Geschichtsprophetie (CH. HARDMEIER), der Rhetorizität mittelalter-
licher Historiographie (j. knape), der politisierten Sintflutrekonstruktion in der
Frühen Neuzeit (m. MULSOW).
FALLSTUDIE (FRANK BEZNER): Eine Genealogie der Vergangenheit zwischen Mittel-
alter und Früher Neuzeit: der Fall Ferrara (ca. 1300—1600)
Die Studie untersucht den bislang unbekannten und unerforschten historischen
Diskurs, der sich in Ferrara unter der Dynastie der Este entwickelte. Programma-
tisch wird der gesamte Zeitraum der Herrschaft der Este vom Mittelalter bis in die
Frühe Neuzeit untersucht, wichtigste Leitfrage ist, in welchem Verhältnis die Kon-
 
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