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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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3. Forschungsschwerpunkt "Der menschliche Lebenszyklus - biologische, gesellschaftliche, kulturelle Aspekte"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0294
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Das WIN-Kolleg | 307

„Der Mensch ist so alt wie seine Stammzellen“ — Grundlage dieser Hypothese ist die
Tatsache, dass sogenannte adulte Stammzellen (d.h. Stammzellen, deren Abkömm-
linge jeweils in spezialisierte Zelltypen ausdifferenzieren können) ein Leben lang für
die Regeneration der jeweiligen Gewebe verantwortlich sind. So liegt es nahe zu
postulieren, dass sich auch Alterungsvorgänge wie z.B. die mit dem Alter zunehmend
beeinträchtigte Regeneration von Geweben, in eben diesen adulten Stammzellen
abspielen. Das übergeordnete Ziel unseres Projektes ist deshalb die Aufklärung der
molekularen Mechanismen des Alterungsprozesses von adulten Stammzellen. Dabei
stellen Blutstammzellen (HSC) und mesenchymale Stammzellen (MSC) zwei Typen
multipotenter adulter Stammzellen dar, die bereits seit Jahrzehnten erforscht werden.
Zudem werden Blutstammzellen im Rahmen von Blutstammzelltransplantationen
bereits erfolgreich für die Therapie verschiedener Erkrankungen eingesetzt. Unmit-
telbares Ziel des hier vorgestellten Projektes ist es, altersbedingte Veränderungen in
HSC und MSC zu untersuchen und anhand von mathematischen Modellen nach-
zuvollziehen. Im Zentrum steht die Hypothese, dass epigenetische Programmierun-
gen in erheblichem Maße diese Alterungsprozesse determinieren. Die interdiszi-
plinäre Zusammenarbeit zwischen Kliniken (Medizinische Klinik V, Kinderklinik
III), einer naturwissenschaftlichen Forschungseinrichtung (DKFZ) und dem Institut
für angewandte Mathematik (Universität Heidelberg) erlaubt die Integration medi-
zinischer, biologischer und mathematischer Aspekte für eine umfassende Untersu-
chung aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei gehen wir davon aus, dass die biolo-
gischen Mechanismen des menschlichen Lebenszyklus weniger auf der zufälligen
Akkumulation von Fehlern im Zellstoffwechsel beruhen, sondern im Rahmen eines
sinnvollen und determinierten „Alterungsprogramms“ in unseren Stammzellen vor-
gegeben sind. Sollte sich diese Hypothese bestätigen, würde dies sicher auch zu einer
neuen gesellschaftlichen Wahrnehmung von Alterungsprozessen beitragen.
Warum altern wir?
Altern - das ist kein plötzliches Ereignis, sondern em von der Geburt bis zum Tod
allmählich verlaufender irreversibler Prozess, sozusagen ein „biologisches Schicksal“,
das jedes höhere Lebewesen erfasst. Doch auch wenn die biologischen Grundlagen
für das Altern immer wieder Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Untersuchun-
gen sind, konnten die genauen Regulationsmechanismus des Alterungsprozesses bis-
her noch nicht endgültig geklärt werden (Ho et al. 2005). Eine Theorie geht davon
aus, dass die während des Lebens auf den Körper einwirkenden äußeren Einflüsse zu
Verschleiß- und Vergiftungserscheinungen führen. Zudem wird vermutet, dass die
einzelnen Zell- und Gewebebestandteile im Laufe der Zeit an Funktionsfähigkeit
einbüßen, was zu einer verringerten Belastbarkeit der Gewebeverbände führt. Eine
Ursache hierfür scheint die Akkumulation somatischer Mutationen zu sein. Eine
andere Hypothese postuliert, dass das Altern und letztendlich der Tod im „geneti-
schen Programm“ jeder Körperzelle bereits fest verankert sind. Diese Theorie wird
durch die Erkenntnis unterstützt, dass Altern auch aus Sicht der Evolution durchaus
vorteilhaft ist, wie Professor W. Welsch bei dem Symposium der Heidelberger Aka-
 
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