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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 26. Januar 2008
DOI article:
Bühler, Wolfgang: Sind globale Märkte regulierbar?
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0060
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26. Januar 2008

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zukünftigen Zeitpunkt eingegangen werden. Als Ergebnis können bei Hedge Fonds
Verschuldungsgrade bis zu einer Höhe von 50 beobachtet werden. Zur Relativie-
rung dieser Beobachtung ist jedoch anzufugen, dass auch manches Kreditinstitut
kurzfristig einen vergleichbaren Verschuldungsgrad aufweist.
Die Etablierung von Hedge Fonds ist mit Chancen und Risiken verbunden.
Als Vorteile sind hervorzuheben, dass sie neue Chancen-Risikokombinationen
anbieten, die Diversifikationsmöglichkeiten für Investoren verbessern und durch den
Ankauf von Risiken, z.B. Kreditrisiken, anderen Marktteilnehmern Absicherungs-
möglichkeiten eröffnen, die sonst nicht verfügbar wären. Diesen Vorteilen stehen als
Nachteile eine mögliche Erhöhung des systemischen Risikos über die eingebunde-
nen Prime Broker, durch Front Running und aufgrund von zyklusverstärkenden
Margin Calls gegenüber. Ferner versuchen Hedge Fonds auf die Unternehmenspo-
litik Einfluss zu nehmen und Insider- sowie Betrugsfälle treten bei ihnen häufiger
auf. Ihre Regulierung ist strittig, da in den angelsächsischen Ländern ihre Vorteile
höher als ihre Nachteile gewichtet werden. Sie wäre auch faktisch schwierig, da diese
Fonds in „Off-Shore“-Plätzen domiziliert sind. Ihre Aufsicht müsste deshalb über die
Kontrolle der Prime Broker, der Manager von Hedge Fonds und des Vertriebs erfol-
gen.
Analoge Vor- und Nachteile sind bei der Regulierung globaler Märkte, insbe-
sondere von Finanzmärkten abzuwägen. So zeigen Untersuchungen des Internatio-
nalen Währungsfonds, dass trotz der Globalisierung und mehrer Krisen das durch-
schnittliche Bruttosozialprodukt pro Kopf in den Schwellenländern (incl. China und
Indien) in der Periode von 1970 bis 2005 stärker gestiegen ist als in den entwickel-
ten Volkswirtschaften. Die Ungleichheit der Einkommen, gemessen durch den
Gini-Koeffizienten, hat von 1980—2005 in USA, England und insbesondere China
zugenommen. In den anderen Ländern führte die Globalisierung jedoch zu keiner
deutlichen Veränderung.
Die Globalisierung der Finanzmärkte verbessert tendenziell den Lebensstan-
dard der Bevölkerung. So wächst das Bruttosozialprodukt in Ländern mit eigenfi-
nanzierten Auslandsinvestitionen stärker. Zudem nimmt das Handelsvolumen zu und
die Kapitalkosten sinken. Diesen Vorteilen steht die höhere Wahrscheinlichkeit einer
weltweiten Finanzkrisen mit ihren möglichen Rückwirkungen auf den realen Sek-
tor gegenüber.
Eine Regulierung reduziert nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Eine
Abwägung dieser gegenläufigen Effekte erlaubt gegenwärtig die folgenden Empfeh-
lungen zur Reduktion der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Finanzkrisen:
1. Einrichtung einer internationalen Evidenzzentrale zur Erfassung der Gegen-
parteirisiken für internationale, systemrelevante Institutionen.
2. Kontrolle der Risiken des nationalen Finanzsystems auf Basis der Entwicklung
von Verflechtungsmodellen für die Finanzinstitutionen innerhalb einer Volks-
wirtschaft durch die Notenbanken.
3. Beschränkung der Größe von Finanzinstitutionen, so dass sie durch den Hei-
matstaat noch gerettet werden können. Die isländische Bankenkrise zeigt, dass
dies nicht immer möglich ist.
 
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