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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
DOI Kapitel:
Wissenschaftliche Sitzungen
DOI Kapitel:
Gesamtsitzung am 25. Oktober 2008
DOI Artikel:
Fiedler, Klaus: Evaluation von Ergebnissen der Forschung
DOI Artikel:
Mosbrugger, Volker: Bedeuten Evaluationen einen Fortschritt für die Wissenschaften?: persönliche Erfahrungen und Überlegungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0093
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106 | SITZUNGEN

zipien wichtiger sind als journalistische Maßstäbe. Die Lehre orientiert sich an der
Nachfrage statt nach den Erkenntnissen über effektive Methoden des Lernens, die
nicht immer angenehm und konfliktfrei sind.
Im Kern dieser wachsenden Misere steht die irrtümliche Annahme, dass sich
Wissenschaft ähnlich wie Konsumgüter oder Fernsehprogramme durch Nachfrage
und Umfrage messen lässt. Weder die öffentliche Meinung noch die Frequentie-
rungsrate einer Internetseite kann das eigentlich wissenschaftliche Kriterium der
Validität ersetzen, das nur durch fachliche Urteile in einem Verfahren des Peer
Reviewing gesichert werden kann. Zwar funktioniert das Verfahren des Peer Revie-
wing noch nicht in allen Bereichen der Wissenschaft und Forschung optimal und frei
von Ideologie. In denjenigen Disziplinen und Pradigmata, in denen die Selbstbe-
wertung unter Wissenschaftlern weit entwickelt ist und gut funktioniert, ist jedoch
kein besseres Verfahren denkbar, das sowohl innovative Pionierleistungen fordert wie
mehrheitsfähige Lehrmeinungen.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Qualitätssicherung und die
strenge Bewertung wissenschaftlicher Ergebnisse notwendig und erwünscht sind.
Aber gerade diejenigen Wissenschaftler, die seit langem am stärksten für eine lei-
stungsbezogene Universitätspolitik eintreten und selbst am meisten am internationa-
len Wettbewerb teilnehmen, möchten durch Evaluation die akademische Selbstver-
waltung und die selbstbestimmte Forschung verbessern, statt sie abzuschaffen und
zunehmenden politischen und administrativen Zwängen unterzuordnen, die dem
gesunden Wachstum der Wissenschaft nicht zuträglich sind.
HERR VOLKER MOSBRUGGER HÄLT EINEN VORTRAG:
„Bedeuten Evaluationen einen Fortschritt für die Wissenschaft? Persönliche Erfah-
rungen und Überlegungen.“
Evaluationen gehören heute als integraler Bestandteil der Qualitätssicherung zum
täglichen Geschäft eines Wissenschaftlers, und zwar sowohl auf der passiven wie auf
der aktiven Seite. Sie regeln im Wissenschaftsbetrieb inzwischen ganz wesentlich den
Ressourcenfluss an Personen und Institutionen: Evaluationen entscheiden darüber,
ob ein Fachbereich wächst oder schrumpft, ob eine Professur wiederbesetzt, ein
Projekt genehmigt, eine Investition getätigt, oder ein Studiengang eingestellt wird
oder nicht. Andererseits sind wir Wissenschaftler alle als Peers an diesen Evaluatio-
nen beteiligt, wir begutachten Publikationen, Projekte, Studiengänge, Fachbereiche
und Kollegen. So wächst die aktive und passive Belastung der Wissenschaftler durch
Evaluationen. Es macht daher Sinn, auch die Evaluationen einer Qualitätsprüfung zu
unterziehen. Der vorliegende Beitrag kann und will dieses nicht leisten, sondern
wird lediglich einige persönliche Erfahrungen und Überlegungen zur heutigen
Praxis von Evaluierungen skizzieren.
Mein Erfahrungshintergrund ist dabei durchaus solide. Als Dekan, Prorektor
und heute Generaldirektor einer Leibniz-Einrichtung, als Sprecher bzw. Koordina-
tor zweier Sonderforschungsbereiche, eines Schwerpunktprogramms, eines Akade-
mienprogramms und Antragsteller bei über 50 DFG-Projekten sind mir Evaluatio-
 
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