354 | VERANSTALTUNGEN
Akademiegeschäften erlaubte. In diesem Zusammenhang wurde die Zahl der
ordentlichen Mitglieder von 40 auf 50 aufgestockt. Insbesondere die Mathematisch-
naturwissenschaftliche Klasse machte in der Folgezeit von der Möglichkeit
Gebrauch, Nichtheidelberger Professoren zu wählen. Im Zuge der angestrebten Ver-
einheitlichung der Akademiestatuten und zur Durchsetzung des Führerprinzips
wurde vom Ministerium das Präsidentenamt eingeführt, das aber mit den Sekretär-
sposten identisch besetzt werden konnte. Panzer wurde Präsident, Achelis Vizepräsi-
dent — beide waren zugleich „Führer“ ihrer Klasse. Die Absicht, eine „Reichsakade-
mie der deutschen Wissenschaft“ zu gründen, der die Einzelakademien als Sozietä-
ten untergeordnet werden sollten, wurde vom Ministerium zwar angekündigt,
wegen des Krieges aber dilatorisch behandelt. Die letzte Jahresfeier während des
Dritten Reiches fand 1944 statt, mit einem Vortrag des Klinikers Curt Oehme zu
„Uber Altern und Tod“, die letzten Klassensitzungen wurden im Februar/März 1945
abgehalten, mit Vorträgen über „Die Bedeutung einiger Vitamine für die Pflanze“
(August Seybold) und „Das Bündnis zwischen Sparta und Persien im Jahre 412/11“
(Hans Schaefer).
Die Forschungsvorhaben der Heidelberger Akademie blieben von den ideolo-
gischen Vorgab en des Regimes unberührt — Heidelberg griff keine NS-typische Fra-
gestellung auf. Fehrle blieb bedeutungslos, Achelis zeigte sich als Wächter des tradi-
tionellen Akademiegedankens, nachdem er seine rabiate Personalpolitik zum Erfolg
geführt hatte.Vom nationalen Gedanken inspiriert war das interakademische Projekt,
das „Die Deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit“ sammeln
sollte. Es war aber kein Produkt des Dritten Reiches, sondern Panzer verfolgte den
Plan schon seit 1930; 1934 wurde das Vorhaben begonnen, Heidelberg übernahm die
Koordination. Das Projekt läuft heute noch. Die Cusanus-Ausgabe wurde trotz der
Entlassung Klibanskys und der prekären Stellung Hoffmanns weitergeführt. Einen
offensichtlich antisemitisch motivierten Akt nahm 1938 Achelis vor, als er sich wei-
gerte, Akademiemittel für den Druck des abschließenden Bandes der Opera von Spi-
noza zur Verfügung zu stellen - die Bände 1—4 waren seit 1925 von der Akademie
subventioniert worden und trugen auf dem Titelblatt den Vermerk: „Im Auftrag der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Carl Gebhardt“ —
Gebhardt war Schüler von Windelband. Der fünfte Band erschien dann erst, wieder
im Auftrag der Akademie herausgegeben, 1987. Der Editor war schon 1937 gestor-
ben.
Dem Geist der Zeit hatte die Heidelberger Akademie allerdings schon früh
gehuldigt. In der Festsitzung am 2. Juni 1935 verkündete der geschäftsführende
Sekretär Erdmannsdörffer, sich auch auf die Vorjahresrede Panzers beziehend: „Unse-
re Arbeit ist Dienst am deutschen Volk; sie strebt, nach innen die ideelle und mate-
rielle Lebenskraft des deutschen Volkes zu stärken, nach außen das Ansehen deutscher
Wissenschaft in der Welt und damit des Deutschtums überhaupt zu wahren und zu
mehren. ... Die Akademie ... hat durch Zuwahl eine Reihe von Männern gewon-
nen, die als anerkannte Vertreter ihres Faches diese Bestrebungen tatkräftig unter-
stützen werden.“
Akademiegeschäften erlaubte. In diesem Zusammenhang wurde die Zahl der
ordentlichen Mitglieder von 40 auf 50 aufgestockt. Insbesondere die Mathematisch-
naturwissenschaftliche Klasse machte in der Folgezeit von der Möglichkeit
Gebrauch, Nichtheidelberger Professoren zu wählen. Im Zuge der angestrebten Ver-
einheitlichung der Akademiestatuten und zur Durchsetzung des Führerprinzips
wurde vom Ministerium das Präsidentenamt eingeführt, das aber mit den Sekretär-
sposten identisch besetzt werden konnte. Panzer wurde Präsident, Achelis Vizepräsi-
dent — beide waren zugleich „Führer“ ihrer Klasse. Die Absicht, eine „Reichsakade-
mie der deutschen Wissenschaft“ zu gründen, der die Einzelakademien als Sozietä-
ten untergeordnet werden sollten, wurde vom Ministerium zwar angekündigt,
wegen des Krieges aber dilatorisch behandelt. Die letzte Jahresfeier während des
Dritten Reiches fand 1944 statt, mit einem Vortrag des Klinikers Curt Oehme zu
„Uber Altern und Tod“, die letzten Klassensitzungen wurden im Februar/März 1945
abgehalten, mit Vorträgen über „Die Bedeutung einiger Vitamine für die Pflanze“
(August Seybold) und „Das Bündnis zwischen Sparta und Persien im Jahre 412/11“
(Hans Schaefer).
Die Forschungsvorhaben der Heidelberger Akademie blieben von den ideolo-
gischen Vorgab en des Regimes unberührt — Heidelberg griff keine NS-typische Fra-
gestellung auf. Fehrle blieb bedeutungslos, Achelis zeigte sich als Wächter des tradi-
tionellen Akademiegedankens, nachdem er seine rabiate Personalpolitik zum Erfolg
geführt hatte.Vom nationalen Gedanken inspiriert war das interakademische Projekt,
das „Die Deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit“ sammeln
sollte. Es war aber kein Produkt des Dritten Reiches, sondern Panzer verfolgte den
Plan schon seit 1930; 1934 wurde das Vorhaben begonnen, Heidelberg übernahm die
Koordination. Das Projekt läuft heute noch. Die Cusanus-Ausgabe wurde trotz der
Entlassung Klibanskys und der prekären Stellung Hoffmanns weitergeführt. Einen
offensichtlich antisemitisch motivierten Akt nahm 1938 Achelis vor, als er sich wei-
gerte, Akademiemittel für den Druck des abschließenden Bandes der Opera von Spi-
noza zur Verfügung zu stellen - die Bände 1—4 waren seit 1925 von der Akademie
subventioniert worden und trugen auf dem Titelblatt den Vermerk: „Im Auftrag der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Carl Gebhardt“ —
Gebhardt war Schüler von Windelband. Der fünfte Band erschien dann erst, wieder
im Auftrag der Akademie herausgegeben, 1987. Der Editor war schon 1937 gestor-
ben.
Dem Geist der Zeit hatte die Heidelberger Akademie allerdings schon früh
gehuldigt. In der Festsitzung am 2. Juni 1935 verkündete der geschäftsführende
Sekretär Erdmannsdörffer, sich auch auf die Vorjahresrede Panzers beziehend: „Unse-
re Arbeit ist Dienst am deutschen Volk; sie strebt, nach innen die ideelle und mate-
rielle Lebenskraft des deutschen Volkes zu stärken, nach außen das Ansehen deutscher
Wissenschaft in der Welt und damit des Deutschtums überhaupt zu wahren und zu
mehren. ... Die Akademie ... hat durch Zuwahl eine Reihe von Männern gewon-
nen, die als anerkannte Vertreter ihres Faches diese Bestrebungen tatkräftig unter-
stützen werden.“