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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Jahresfeier am 28. Mai 2011
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Löhneysen, Hilbert von: Festrede von Hilbert von Löhneysen: „Stromfluss ohne Widerstand – Hundert Jahre Supraleitung“
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0044
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28. Mai 2011

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Viele Schwachstromanwendungen von Supraleitern beruhen auf dem
Josephson-Effekt, der auf der BCS-Theorie basiert. Diesen Effekt sagte Brian D.
Josephson als 23-jähriger Doktorand in einem nur gut zweiseitigen Artikel 1962 vor-
aus7. Er erhielt dafür 1973 den Nobelpreis. Zwischen zwei Supraleitern, die nur
durch eine sehr dünne elektrisch isolierende Schicht getrennt sind, können nicht nur
einzelne Elektronen, sondern auch Cooper-Paare tunneln, allerdings ist der kritische
Strom durch einen solchen Josephson-Kontakt sehr klein. Betrachten wir einen
supraleitenden Ring mit zwei solchen Kontakten (Abb. 20, links). Die schwachen
Kontakte zwischen den Supraleitern bewirken zweierlei. Solange der kritische
Strom nicht überschritten wird, ist der magnetische Fluss durch den supraleitenden
Ring quantisiert. Bei der Erhöhung des von außen angelegten Magnetfelds muss ein
höherer Abschirmstrom fließen, um die Quantisierung aufrecht zu halten. Bei geeig-
neter Dimensionierung wird dadurch der schwache Kontakt zwischen den beiden
Supraleitern kurzzeitig normalleitend, und es kann ein weiteres Flussquant in den
Ring eindringen. Dies bewirkt einen Spannungsstoß in einem Detektionsstromkreis.
Wegen des kleinen Zahlenwerts des Flussquants <E>0 ergibt sich so ein sehr empfind-
liches Messgerät für Magnetfelder, das sogenannte SQUID-Magnetometer, wobei
SQUID hier nicht „Tintenfisch“ bedeutet, sondern für Superconducting QUantum
I/zterference Device steht. Diese Magnetometer sind so empfindlich, dass sie z.B. zur
Messung der Magnetfelder eingesetzt werden können, die durch Gehirnströme ent-
stehen und auch außerhalb des Kopfes nachweisbar sind (Abb. 20, rechts). Schließ-
lich sei noch erwähnt, dass supraleitende Bauelemente auf der Basis des Josephson-
Effekts als aussichtsreiche Kandidaten für sogenannte „Qubits“ eines zukünftigen
Quantencomputers gelten. Ihre Eigenschaften werden derzeit weltweit intensiv
erforscht und ihre Einsatzmöglichkeiten weiterentwickelt.
Zum Schluss möchte ich noch auf einige aktuelle Fragen zur Supraleitung ein-
gehen. Wir hatten am Anfang gesehen, dass Supraleitung und Magnetfelder sich nicht
vertragen. Ähnliches gilt, wenn man magnetische Atome als Störstellen in einem
Supraleiter einlegiert: im Allgemeinen reichen nur wenige Prozent magnetischer
Atome, um Supraleitung vollständig zu unterdrücken. Dies gilt insbesondere für Ele-
mente aus der Reihe der Seltenen Erden, wie etwa Cer. Umso überraschender war
1979 die Entdeckung von Frank Steglich und Mitarbeitern8, dass Supraleitung in der
Nähe magnetischer Ordnung auftritt, und zwar in der intermetallischen Verbindung
CeCu2Si2 mit einer Ubergangstemperatur von allerdings nur 0,7 K. Inzwischen
kennt man etwa 40 solcher Verbindungen9. Einige davon sind in Abb. 14 einge-
zeichnet. Darüberhinaus liegen, wie oben erwähnt, auch die Kuprat- und Eisen-
Arsenid-Supraleiter in der Nähe von magnetischer Ordnung. Meist handelt es sich
bei diesen Verbindungen um Antiferromagnete, bei denen die Spins der magneti-
schen Atome unterschiedliche Richtungen zeigen, im einfachsten Fall in dieser Art:

7 B. D. Josephson, Phys. Lett. 1, 251 (1962)
8 F. Steglich et al., Phys. Rev. Lett. 43, 1892 (1979)
9 C. Pfleiderer, Rev. Mod. Phys. 81, 1551 (2009)
 
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