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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Antrittsreden
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Pauen, Sabina: Antrittsrede von Frau Sabina Pauen an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 23. Januar 2011
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0143
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ANTRITTSREDEN

samkeitssteuerung höherer Lebewesen zum Tragen: Präsentiert man mehrmals den
gleichen Stimulus, so lässt die Aufmerksamkeit nach. Diesen Prozess nennt man
Habituation oder Familiarisierung. Bietet man anschließend etwas Neues dar, so
steigt die Aufmerksamkeit wieder. Indem man also zunächst einen von zwei gleich
attraktiven Vergleichsreizen darbietet, bis das Kind sich langweilt, und dann den zwei-
ten Reiz einfuhrt, lässt sich feststellen, ob das Kind den Unterschied bemerkt. Falls
ja, erholt sich seine Aufmerksamkeit im Testdurchgang. Es „dishabituiert“.
Das Habituations-Dishabituationsparadigma spielt bis heute in der Säuglings-
forschung eine zentrale Rolle. Inzwischen gibt es zahlreiche Versionen dieses Verfah-
rens. In unserer eigenen Forschung haben wir es eingesetzt, um die vorsprachliche
Begriffsbildung zu untersuchen. In Kategorisierungsexperimenten wird dem Kind
in jedem Durchgang ein neues Exemplar der gleichen Kategorie präsentiert. Zum
Beispiel sieht das Kind lauter Bilder von ganz unterschiedlichen Tieren. Trotz der
hohen Variabilität stellt sich nach ca. 10 Durchgängen ein Habituationseffekt ein.
Präsentiert man dann im elften Durchgang ein Exemplar der kontrastierten Katego-
rie, so erholt sich die Aufmerksamkeit. Wie sich herausstellte, sind Kinder deutlich
früher in der Lage, eher abstrakte Kategorien wie Tiere, Möbel und Fahrzeuge
voneinander zu unterscheiden als so genannte Basiskategorien innerhalb dieser
übergreifenden (globalen) Klassen, wie etwa Hunde von Katzen, Stühle von Tisch-
en oder Laster von Autos. Das wirft die Frage auf, welche Rolle das Aussehen und
das Wissen über andere Eigenschaften bei der kategorialen Wahrnehmung spielt.
Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn man weiß, über welches Weltwissen
Kinder im vorsprachlichen Alter bereits verfügen. Für solche tiefergehenden Fragen
haben Forscher die bislang beschriebenen Methoden kombiniert, modifiziert und
erweitert.
Das so genannte Erwartungsverletzungsparadigma kommt bei der Unter-
suchung von frühkindlichem Weltwissen besonders häufig zum Einsatz. Wie der
Name bereits verrät, wird zunächst eine Erwartung aufgebaut und anschließend
getestet, wie die Kinder auf eine Verletzung dieser Erwartung reagieren. Weil Erwar-
tungen Wissen widerspiegeln, lässt sich so ermitteln, was das Kind schon über einen
bestimmten Bereich weiß. Zunächst hat man sich vor allem für physikalisches Wis-
sen interessiert. In vielen Versuchen zum physikalischen Denken im Säuglingsalter
spielen Wandschirme eine wichtige Rolle, die einen wichtigen Teil eines kritischen
Ereignisses während der Familiarisierungsphase verdecken, so dass das Kind sich auf-
grund seines gegebenenfalls vorhandenen Wissens überlegen muss, was hinter dem
Wandschirm passieren könnte.
Stellen Sie sich vor, sie sitzen als Versuchsperson vor einer Bühne, auf deren
Boden seitlich versetzt (rechts) ein quadratischer roter Block liegt. Im nächsten
Schritt montiert der Versuchsleiter vor den Augen des Kindes einen Wandschirm auf
der Bühne, der den roten Block halb verdeckt. Die andere Hälfte ist noch sichtbar.
Sie steht hinter dem Wandschirm hervor. Am gegenüberliegenden Rand der Bühne
(links) taucht nun ein blauer Block auf, der mit gleichbleibender Geschwindigkeit in
Richtung Bühnenmitte rutscht und hinter dem linken Rand des Wandschirm ver-
schwindet. Kurze Zeit später gerät der rote Block am rechten Rand in Bewegung
 
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