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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2012
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Hahn, Hermann H.: Eröffnung der Sitzung durch den Präsidenten Hermann H. Hahn: Öffentliche Gesamtsitzung in Mannheim am 1. Dezember 2012
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Meyer-Lindenberg, Andreas: Psychische Gesundheit in modernen Lebenswelten
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0090
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1. Dezember 2012

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genetischer und psychopharmakologischer Methoden sowie der Untersuchung
biologischer Mechanismen des menschlichen Sozialverhaltens widmete. Im Jahre
2007 wurde er Direktor am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit und somit
Ordinarius für Psychiatrie an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität
Heidelberg. 2009 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturfor-
scher Leopoldina gewählt und seit 2011 ist er ordentliches Mitglied der Heidelber-
ger Akademie der Wissenschaften.
Herr Kollege Meyer-Lindenberg, wir sind gespannt auf Ihren Vortrag.
HERR ANDREAS MEYER-LINDENBERG HÄLT EINEN VORTRAG:
„Psychische Gesundheit in modernen Lebenswelten“
Die Bedeutung sozialer Faktoren [1] für die körperliche und psychische Gesundheit
ist empirisch gut belegt und zeigt oft erhebliche Ausmaße. Besonders offensichtlich
werden die Auswirkungen sozialer Faktoren wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Min-
derheitenstatus an stark erhöhten Prävalenzraten für koronare Herzerkrankungen,
affektive, Angst- und Abhängigkeitsstörungen, sowie an deutlich reduzierten Lebens-
erwartungen in den betroffenen Populationen [2],Viele Studien favorisieren hierfür
eine gemeinsame Erklärung, nämlich die der kausal gesundheitsschädigenden Wir-
kung von psychosozialen Stressoren wie Diskriminierung [3], Isolation [4], häufiger
negativer Bewertung [5j und der Gefahr des sozialen Statusverlusts [6], Das Erleben
von sozialer Unterstützung ist hingegen ein entscheidender Resilienzfaktor, welcher
nicht nur das Risiko für verschiedene Erkrankungen deutlich reduziert [7], sondern
auch überaus günstig für die Prognose bei bestehenden Erkrankungen ist [8],
Mehrfach wurden in städtischen Populationen erhöhte Prävalenzraten für
psychiatrische Erkrankungen beschrieben [9], Zum Beispiel haben Menschen, die
in einer Stadt leben, im Vergleich zu ländlichen Bewohnern ein deutlich erhöhtes
Risiko für affektive Störungen (um 38%) und Angststörungen (um 21 %, [9]). Auch
zur Entstehung der Schizophrenie trägt eine städtische Umgebung als Risikofaktor
deutlich bei. Während die urbane Umwelt zum Zeitpunkt der Erstmanifestation
keine besondere Rolle zu spielen scheint [10, 11], verdoppelt Stadtleben während
der kritischen ersten 15 Lebensjahre das Erkrankungsrisiko im Vergleich zum länd-
lichen Aufwachsen [11]. Obwohl sich städtische und ländliche Umgebungen in einer
Vielzahl von Merkmalen unterscheiden und dementsprechend auch physikalische
Aspekte wie Schadstoffbelastung oder Verkehrslärm als kausal wirksame Faktoren
denkbar sind, wurde vor allem sozialer Stress (z. B. soziale Kompetition und Unter-
legenheit) zur Erklärung der Urbanizitätseffekte auf Erkrankungsrisiken diskutiert
[12].

Neuronale Mechanismen des Urbanizitätseffekts
Neuere Studien, welche den individuellen Grad städtischen Aufwachsens mit der
neuronalen sozialen Stress Verarbeitung in Verbindung bringen, unterstützen diese
 
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