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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

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I. Das Geschäftsjahr 2012
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0189
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208 | TÄTIGKEITSBERICHTE
zitiert seien hier aus der mittelalterlichen Streitkultur die Begriffe „Duell“ und
„Gerichtskampf“ (combat judiciaire) als Mittel zur Rechtsfindung: sie sind belegt
mit batalha 1125, batalha de targue* 12. Jahrhundert (targne „Targe, mittelgroßer vier-
eckiger Fechtschild“ aus germ. *targa „Schild“) und duel* 1300 (mit nachgestelltem
* sind lexikographische Neueinträge versehen). Diese beiden Erscheinungsformen
des Zweikampfs hatten den Charakter eines Gottesurteils, ließ man sich doch von
dem Grundsatz leiten, dass Gott dem Kämpfer, auf dessen Seite sich das Recht be-
findet, beistand.
Beim institutionalisierten Gerichtskampf wurde der Feudalherr beauftragt,
zum Kampf aufzurufen: batalhe en la maa den senhor* 1171 (en la maa den senhor
„unter der Gerichtsbarkeit des Lehnsherrn“). Die Regeln sahen vor, dass man
persönlich oder durch einen Anwalt vertreten die Rechtssache darlegte und an-
schließend den Gegner herausforderte: apelar de batalha* „zum Zweikampf heraus-
fordern“ 1255. Dieser wies die Klage zurück und nahm die Herausforderung an. Der
Lehnsherr legte daraufhin den Termin fest (stacar batalhe 1125, estancar batalha* 1125)
und die Parteien mussten sich für den Kampf verpflichten und sich dem Kampfrecht
unterwerfen: combidar la batalhe* 1 125, fermar batalhe* 1171. Schließlich stellten sich
die Kontrahenten dem Zweikampf: far la batalha* 1125, far batailhe de targn* 1278,
combatre de batale* 1125, se batalhar 1255, donar batalher* 1255, se combatre en batalha*
1255.
Das Altgaskognische verfügt u.a. über eine lange detaillierte Beschreibung der
Prozedur des Gerichtskampfs betitelt mit „De Appeu de Batalha“ (undatiert, vor
1325), die die juristischen Regeln im Vorfeld und für den Kampf darlegt.
Die diesjährige Redaktionsarbeit zur Aufarbeitung des altgaskognischen
Idioms widmete sich weiterhin den Inhalten von B III („Der Mensch in der
Gemeinschaft“), insbesondere den gesellschaftlichen Formen des Zusammenlebens
anhand ihrer sprachlichen Zeugen. Familiäre Strukturen von der Wiege bis ins
Grab (B III ai aa1“7) und soziale Vernetzungen innerhalb der Gesellschaft (B III aj)
bildeten das Arbeitsfeld rund um las gens „die Leute“. Die Basisgemeinschaft der
Feudalgesellschaft war die Familie im patriarchalischen Sinne. Maynada / mainada /
maignada / mainade / maynade / meynade ab 1252 (aus lat. MANSIO „Aufenthalt,
Unterkunft“) und compaia / companha / compagna / Campagne ab 1189 (aus lat. COM-
PANIO „Genosse“) sind Sammelbegriffe für Personen, die zu einem Haushalt, welt-
licher oder geistlicher Art, gehören und dessen Oberhaupt, dem paire de maynada,
unterstehen, der über sie sein pairenal poder (1298) „väterliche Gewalt“ ausüben
kann. Darunter fallen Familienmitglieder und Gesinde, Gefolgsleute und zuweilen
Leibeigene, also von ihm abhängige Leute, die sein Brot (und seinen Wein) teilen.
Dieser Sachverhalt schlug sich im Bearn (1278) in der Wendung tot mon paa „alle
meine Leute“ (paa „Brot“) sprachlich nieder und in Bayonne 1289 werden Mitglie-
der eines Haushalts mit son pan e son bin (pan „Brot“, bin „Wein“) bezeichnet. Die
patriarchalische Gewalt konnte so weit gehen, dass sie einem Hausvorstand das
Recht einräumte, im Zornesfall „seine Leute“ (sa mainada') zu züchtigen und zu ver-
letzen, vorausgesetzt er brachte sie dabei nicht um (Coutumes von Larrazet 1265).
Familia, ab 1260 bezeugt, bezog sich sensu stricto nicht auf den verwandschaftlichen
 
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