Akademiekonferenzen | 303
gen aus dem 18. Jahrhundert eine dem (nord)afrikanischen ‘Anderen’ gegenüber
noch relativ unvoreingenommen gegenübertretende, von aufklärerischen Grund-
sätzen geleitete präkoloniale Entdeckerliteratur zeigte, problematisierte Justyna
Tabaszewska die Fortschreibung rassistischer Stereotype in populären Reisetexten
der polnischen Gegenwartsliteratur. Ein besonderes Interesse galt der literarischen
Identifikation von Afrikanern und Polen: Sowohl Pawel Zajas als auch Justyna
Gol^bek widmeten sich der spezifischen ‘doppelten’ kolonialen Erfahrung Polens im
19. Jahrhundert und arbeiteten ihren literarischen Transfer in den afrikanischen
Raum heraus; Dirk Uffelmann ergänzte diese Beiträge mit dem Entwurf einer (auf
der Identifikation von Buren und Polen bei Sienkiewicz basierenden) rhetorischen
Theorie interkultureller Beziehungen.
Während ästhetische Problematiken der Alteritätsdarstellung in den Texten aus
der Slavistik eine untergeordnete Rolle spielen, ist man im deutschsprachigen post-
kolonialen Diskurs sehr stark an repräsentationsästhetischen Fragestellungen interes-
siert. Dies zeigten die Beiträge von Michaela Holdenried und Nadjib Sadikou, die
an aktuellen Afrikaromanen vorführten, wie durch ‘invertierte’ Formen der Darstel-
lung eine als problematisch empfundene Einfühlungsästhetik umgangen werden
kann. Als weiterer Schwerpunkt der neuen deutschen Afrikaliteratur wurde die Ver-
knüpfung von geschichtspolitischer Erinnerungsarbeit und Afrikadiskurs untersucht,
sei es mit Blick auf deutsche Kolonialvergangenheit und Völkermord in Südwest-
afrika (Dirk Göttsche), die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit im Kontext einer
zum Teil als ‘Kolonisierung’wahrgenommenen deutschen Vereinigung (Carlotta von
Maltzan) oder die Verbindung von deutschem Kolonialismus und Faschismus (Jana
Domdey). Die Zählebigkeit kolonialer Denkmuster bestätigte auch Ingrid Laurien
in einer Analyse deutschsprachiger Sachbücher über Südafrika, die ein erschreckend
ungebrochen aus dem Nationalsozialismus weitertransportiertes rassistisches Weltbild
der deutschen Gesellschaft bis weit in die 1970er-Jahre hinein offenlegte. Die heuti-
ge interkulturelle Durchdringung afrikanisch-europäischer Wirklichkeiten als weite-
res zentrales Thema des Postkolonialismusdiskurses bestätigte Lacina Yeo für den
Bereich des Kulturtransfers mit seiner vor dem Hintergrund einer ‘Histoire croisee’
ausgeführten Untersuchung deutsch-afrikanisch-französischer (Vermittlungs)Bezie-
hungen.
Die Tagung zeigte für alle drei fokussierten Kultur räume eine Inklusion und
Reflexion jeweils kulturspezifischer Themen in und durch die Beschäftigung mit
Afrika auf, das damit nach wie vor als Projektionsfläche innergesellschaftlicher
Aushandlungsprozesse fungiert, dessen Aneignung man sich aber gleichzeitig in
zunehmendem Maße bewusst ist und dies auch ästhetisch zu reflektieren sucht. Die
Aufarbeitung der Ideologien und Erfahrungen des Totalitarismus via ‘Afrika’diskurs
findet dabei zum Teil unter Rückgriff auf ähnliche literarische Verfahren (groteske
Verzerrung, ironische Rekonstruktion) statt.
gen aus dem 18. Jahrhundert eine dem (nord)afrikanischen ‘Anderen’ gegenüber
noch relativ unvoreingenommen gegenübertretende, von aufklärerischen Grund-
sätzen geleitete präkoloniale Entdeckerliteratur zeigte, problematisierte Justyna
Tabaszewska die Fortschreibung rassistischer Stereotype in populären Reisetexten
der polnischen Gegenwartsliteratur. Ein besonderes Interesse galt der literarischen
Identifikation von Afrikanern und Polen: Sowohl Pawel Zajas als auch Justyna
Gol^bek widmeten sich der spezifischen ‘doppelten’ kolonialen Erfahrung Polens im
19. Jahrhundert und arbeiteten ihren literarischen Transfer in den afrikanischen
Raum heraus; Dirk Uffelmann ergänzte diese Beiträge mit dem Entwurf einer (auf
der Identifikation von Buren und Polen bei Sienkiewicz basierenden) rhetorischen
Theorie interkultureller Beziehungen.
Während ästhetische Problematiken der Alteritätsdarstellung in den Texten aus
der Slavistik eine untergeordnete Rolle spielen, ist man im deutschsprachigen post-
kolonialen Diskurs sehr stark an repräsentationsästhetischen Fragestellungen interes-
siert. Dies zeigten die Beiträge von Michaela Holdenried und Nadjib Sadikou, die
an aktuellen Afrikaromanen vorführten, wie durch ‘invertierte’ Formen der Darstel-
lung eine als problematisch empfundene Einfühlungsästhetik umgangen werden
kann. Als weiterer Schwerpunkt der neuen deutschen Afrikaliteratur wurde die Ver-
knüpfung von geschichtspolitischer Erinnerungsarbeit und Afrikadiskurs untersucht,
sei es mit Blick auf deutsche Kolonialvergangenheit und Völkermord in Südwest-
afrika (Dirk Göttsche), die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit im Kontext einer
zum Teil als ‘Kolonisierung’wahrgenommenen deutschen Vereinigung (Carlotta von
Maltzan) oder die Verbindung von deutschem Kolonialismus und Faschismus (Jana
Domdey). Die Zählebigkeit kolonialer Denkmuster bestätigte auch Ingrid Laurien
in einer Analyse deutschsprachiger Sachbücher über Südafrika, die ein erschreckend
ungebrochen aus dem Nationalsozialismus weitertransportiertes rassistisches Weltbild
der deutschen Gesellschaft bis weit in die 1970er-Jahre hinein offenlegte. Die heuti-
ge interkulturelle Durchdringung afrikanisch-europäischer Wirklichkeiten als weite-
res zentrales Thema des Postkolonialismusdiskurses bestätigte Lacina Yeo für den
Bereich des Kulturtransfers mit seiner vor dem Hintergrund einer ‘Histoire croisee’
ausgeführten Untersuchung deutsch-afrikanisch-französischer (Vermittlungs)Bezie-
hungen.
Die Tagung zeigte für alle drei fokussierten Kultur räume eine Inklusion und
Reflexion jeweils kulturspezifischer Themen in und durch die Beschäftigung mit
Afrika auf, das damit nach wie vor als Projektionsfläche innergesellschaftlicher
Aushandlungsprozesse fungiert, dessen Aneignung man sich aber gleichzeitig in
zunehmendem Maße bewusst ist und dies auch ästhetisch zu reflektieren sucht. Die
Aufarbeitung der Ideologien und Erfahrungen des Totalitarismus via ‘Afrika’diskurs
findet dabei zum Teil unter Rückgriff auf ähnliche literarische Verfahren (groteske
Verzerrung, ironische Rekonstruktion) statt.