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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Zimmermann, Bernhard: Mosaiksteinchen der Literaturgeschichte
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0048
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II. Wissenschaftliche Vorträge

vielen Neologismen - unmittelbar verständlich war, wurde in den attizistischen,
spätantiken und byzantinischen Lexika gesammelt und erschlossen. So haben
wir z.B. in dem byzantinischen Lexikon Suda aus dem 10. Jahrhundert mehr als
5.000 Komödieneinträge, die durch weiteres Material aus dem antiken Lexikon des
Pollux, eines Zeitgenossen des Athenaios, ebenfalls aus dem ägyptischen Naukratis
stammend, und dem Lexikon des Patriachen Photios (9. Jahrhundert) willkomme-
ne Ergänzungen finden.
Menander dagegen, dessen Stücke ohne großen Erklärungsapparat un-
mittelbar verständlich sind, geht es in ihnen doch um Liebesglück und Liebes-
leid, verschwand im Verlauf der Spätantike und frühbyzantinischen Zeit aus der
Überlieferung, da er nach den attizistischen Kriterien kein reines Attisch schrieb
und man zudem der Überzeugung war, in den Sentenzen Menanders, einer Zu-
sammenstellung der in Menanders Komödien nicht seltenen allgemeingültigen
aphoristischen Merksprüche, das Wichtigste - wenigstens unter didaktischen Ge-
sichtspunkten - vorliegen zu haben. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts gewinnt
dieser Autor durch zahlreiche Papyrusfunde und Palimpseste, die bis heute ständi-
gen Zuwachs finden, immer mehr an Kontur.
Aber auch bei diesen beiden Autoren, von denen wir komplette Komödien
lesen können, klafft zwischen Erhaltenem und Verlorenem eine große Lücke. Von
Aristophanes besitzen wir immerhin ca. ein Viertel dessen, was er schrieb: elf von
46 Komödien, deren Titel bezeugt sind, oder 15.284 Verse von ca. 56.000, die die-
se 46 Komödien enthielten. Dazu kommen noch 924 Fragmente verschiedenen
Umfangs. Bei Menander ist das Missverhältnis bedeutend auffallender: Durch
die Papyrusfunde seit dem 19. Jahrhundert ist eine Komödie komplett im Sand
Ägyptens wieder aufgetaucht, eine Charakterkomödie mit dem Titel Der Schwierige
(Dyskolos'), fünf weitere Stücke von den 105-109 Komödien, die in Titeln bezeugt
sind, sind mehr oder weniger gut lesbar, d. h. wir haben ca. 5.000 Verse von mehr
als 110.000, die Menander geschrieben haben muss.
All das umfangreiche, die griechische Komödie betreffende Material - Frag-
mente und Zeugnisse (Testimonien), die sowohl literarischer wie inschriftlicher
Natur sein können - liegt inzwischen in den Poetae Comici Graeci vor, harrt aber
seiner inhaltlichen Erschließung und Auswertung. Das seit 2011 von der Union
der Akademien geförderte Langzeitprojekt „Kommentierung der Fragmente der
griechischen Komödie“ widmet sich der möglichst umfassenden Erschließung
dieses Materials und macht die Ergebnisse in zwei wissenschaftlichen Reihen zu-
gänglich: den „Fragmenta Comica“, in der alle namentlich bekannten griechischen
Komödienautoren, aber auch die Fragmente, die in der Überlieferung keinem be-
stimmten Dichter zugewiesen sind („Adespota“), ausführlich kommentiert und
interpretiert werden, und den „Studia Comica“, die die Kommentierungsarbeit
begleitende und auf ihr aufbauende Studien enthält. Um das Pensum bis zum
Ende der Laufzeit des Projekts im Jahr 2025 zu schaffen, müssenjährlich zwischen

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