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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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B. Die Mitglieder
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II. Nachrufe
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Schneidmüller, Bernd: Stefan Weinfurter (24.6.1945−27.8.2018)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0201
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Nachruf auf Stefan Weinfurter

eine umfassende Biographie über Karl den Großen. Im Zentrum der Argumen-
tation standen der göttliche Auftrag an den Herrscher und die Durchsetzung der
norma rectitudinis (Normierung der Richtigkeit) auf Erden. Einen solchen Zwang
zu Eindeutigkeit - als Überwindung aller Ambiguitäten - rückte Stefan Weinfurter
ins Zentrum eines viel diskutierten Vortrags vor der Heidelberger Akademie. Die
Studie war aus seinem Fellowjahr am Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg
hervorgegangen, in dem er sein Fach wie seine Wissenschaft durch vorbildliche
Bereitschaft zum interdisziplinären Gespräch vielen Kolleginnen und Kollegen
nahebrachte.
Dieses wissenschaftliche Werk, das auf eindrucksvolle Weise Grundlagenfor-
schung, Syntheseleistung und Öffentlichkeitswirksamkeit verband, war die Basis
einer sehr erfolgreichen Karriere. Bald nach der Habilitation wurde er an die Ka-
tholische Universität Eichstätt berufen (1982—1987). Es folgten Ordinariate in
Mainz (1987—1994), München (1994 — 1999) und Heidelberg (1999—2013; seit
2013 Seniorprofessur und Leitung der Forschungsstelle „Geschichte und Kultu-
relles Erbe“ an der Universität Heidelberg). Einen Ruf auf die Nachfolge seines
Lehrers in Köln lehnte er ab. Von den zahlreichen Ehrungen nenne ich nur die
ordentliche Mitgliedschaft in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (seit
2003), die Mitgliedschaft in der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften
und Künste sowie die korrespondierende Mitgliedschaft in der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften (seit 2015).
Bereitwillig übernahm Stefan Weinfurter akademische Ämter, als Institutsdi-
rektor, als Dekan, als Fachkollegiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder
als Beiratsvorsitzender des Deutschen Historischen Instituts Rom. 1996 organi-
sierte er den Deutschen Historikertag in München und stieg 2000 zum Stellvertre-
tenden Vorsitzenden seines Fachverbands auf. 1998 in den Konstanzer Arbeitskreis
für mittelalterliche Geschichte gewählt, übernahm er dort rasch die Führungsrolle
und wirkte von 2001 bis 2007 als Vorsitzender. Beherzt baute er die traditionsrei-
che Gelehrtenkommunität zu einem auf wissenschaftliche Qualität gegründeten
Freundeskreis um und sorgte dafür, dass der Arbeitskreis vielversprechende Ge-
lehrte beiderlei Geschlechts aufnahm. Dabei zog ein neues Klima von Kollegialität,
Liebenswürdigkeit und Achtsamkeit ein, sogar eine gewisse Lust am thematisch-
methodischen Experiment.
An der Universität Heidelberg war Stefan Weinfurter Mitglied des Sonder-
forschungsbereichs 619 „Ritualdynamik“ (bis 2013) und des Sonderforschungsbe-
reichs „Materiale Textkulturen“ (2009 — 2013). Zudem leitete er ein Teilprojekt im
DFG-Schwerpunktprogramm 1173 „Integration und Desintegration der Kulturen
im europäischen Mittelalter“ (2005 — 2011). Über die Jahre begleitete er viele jün-
gere Historikerinnen und Historiker in die wissenschaftliche Selbständigkeit.
Die Salier-Ausstellung 1992 in Speyer brachte die erste Begegnung mit ei-
ner großen Mittelalterausstellung und ließ die Wirkung von Geschichte erkennen.

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