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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

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A. Das akademische Jahr 2019
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III. Veranstaltungen
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Kimpel, Isabel: Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa: Tagung der interakademischen Forschungsstelle „Klöster im Hochmittelalter. Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle“ vom 11. bis 13. Februar 2019
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https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0096
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III. Veranstaltungen

wie die Dichotomie zwischen dem Rückzug ins Kloster und dem Wirken in die
Außenwelt von den Religiösen aufgefasst und in Einklang gebracht wurde.
Das folgende Referat Oliver Auges (Kiel) analysierte einige dieser klösterlichen
Innovationsleistungen aus dem technisch-ökonomischen Bereich. Als prominen-
testes Beispiel beleuchtete er die Wasserbaukunst des Zisterzienserordens, wel-
cher aufbauend auf antiken Vorkenntnissen neue Be- und Entwässerungsanlagen
entwarf, baulich in seinen klösterlichen Lebenswelten umsetzte und überregional
verbreitete. Hierbei wurde deutlich, dass es sich bei Innovatoren nicht zwangs-
läufig um Inventoren handeln musste, die Innovationskraft der Zisterzienser lag
vielmehr darin, neue Techniken einzusetzen und einen nachhaltigen Innovations-
transfer im mittelalterlichen Europa zu leisten. So stellte der Referent in Bezug
auf die Sektionsfrage deutlich heraus, dass klösterliche Gemeinschaften Innovati-
onsleistungen von gesellschaftlicher Relevanz erbrachten und schloss den Bogen
zu Eva Schlotheubers These, dass sie aufgrund ihrer abgeschlossenen Lebensform
eine besondere Affinität für Innovationen aufwiesen.
Jörg Voigt (Rom) eröffnete die zweite Sektion mit einem Vortrag zum Beginen-
wesen als innovative Form der vita religiöse im spätmittelalterlichen Europa und ap-
pellierte für eine neue Perspektive auf die Beginenforschung. Mit einem expliziten
Blick auf die Quellen stellte er heraus, dass der innovative Impuls der Beginen in
der Rechtsfähigkeit ihres weiblichen Gemeinschaftslebens zu sehen sei. Die Ent-
stehung der Beginen sollte daher verstärkt in den Kontext der Urbanisierungspro-
zesse im Spätmittelalter eingeordnet werden.
Im Plenum wurde anschließend diskutiert, inwieweit der innovative Impuls
der Beginengemeinschaften in der Möglichkeit der individuellen Frömmigkeits-
ausübung und der gemeinschaftlichen Partizipation zu sehen war.
Der Indologe Axel Michaels (Heidelberg) bereicherte die Tagung durch einen
interkulturellen Blickwinkel auf asketische Lebensformen im Hinduismus und
Buddhismus. In Bezug auf die Sektionsfrage hob er hervor, dass von diesen As-
keten, ob eremitisch oder institutionell eingebunden, Innovationspotenziale her-
vorgingen. In der Diskussion wurde hingegen deutlich, dass bei einem Vergleich
indischer Asketen mit dem Mönchtum im mittelalterlichen Europa die Unter-
schiedlichkeit der asketischen Genese sowie der Innovationsimpulse vergegenwär-
tigt werden müsste.
Vaclav Zürek (Prag) legte in seinem Vortrag zu Beginn der dritten Sektion ei-
nen Schwerpunkt auf Verflechtungen des Hofes Kaiser Karls TV mit den in Prag
angesiedelten religiösen Gemeinschaften. Neben der wichtigen Tätigkeit von
Mönchen, als politische Ratgeber am Hof zu fungieren und dort neue Impulse zu
setzen, konnten auch kulturelle Innovationen in den an Karl gebundenen Klöstern
nachgewiesen werden. Außerdem seien Klöster durch ihre eigenen Ausbildungs-
stätten und Nähe zur Prager Universität bedeutende Orte des Wissens Ende des
14. Jahrhundert geworden.

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