Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

DOI Kapitel:
B. Die Mitglieder
DOI Kapitel:
II. Nachrufe
DOI Artikel:
Halfwassen, Jens: Werner Beierwaltes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0207
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nachruf auf Werner Beierwaltes


Werner Beierwaltes
(8.5.1931 -22.2.2019)

Werner Beierwaltes war der Nestor der internationalen Neuplatonismusfor-
schung. 1963 habilitierte er sich in Würzburg mit einer umfassenden Monogra-
phie über Proklos, den „Hegel der Antike“. Hans Krämer, der Tübinger Platon-
forscher, der sich im gleichen Jahr wie Beierwaltes habilitierte, nannte das 1965
unter dem Titel Proklos - Grundzüge seiner Metaphysik erschienene Buch in seiner
Rezension im Gnomon die philosophisch eindringlichste und beste Interpretati-
on des Neuplatonismus seit Hegels Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie.
Nur zwei Jahre später, 1967, folgte eine ähnlich grundlegende und tieflotende
Monographie über Plotin: Plotin. Über Ewigkeit und Zeit. Es handelt sich um eine
ausführlich kommentierte Übersetzung von Plotins wichtiger Enneade III 7, de-
ren 80 Seiten lange Einleitung eine Gesamtdeutung der Metaphysik Plotins bie-
tet. Dass Beierwaltes genau diesen Traktat Plotins auswählte, war klug überlegt.
Denn die Frage nach der Zeit spielte in der Philosophie des 20. Jahrhunderts
eine dominierende Rolle, gerade bei dessen bedeutendsten und einflussreichs-
ten Denkern: bei Edmund Husserl, Ludwig Wittgenstein und vor allem Martin
Heidegger, der die deutschsprachige Philosophie in den sechziger Jahren noch
weithin dominierte. Die Zeit war das Thema der Philosophie des 20. Jahrhun-
derts, so könnte man sagen. Wer den Rang und die Aktualität Plotins demonst-
rieren wollte, war also gut beraten, dies im Ausgang von Plotins Theorie der Zeit
zu tun. Genau das wollte Beierwaltes und er hat es erreicht: Seine Bücher über
Plotin und Proklos haben den beiden Klassikern des Neuplatonismus im Be-
wusstsein der Gebildeten den Rang gesichert, den ihnen schon Hegel zugedacht
hatte: als unüberbotene Höhepunkte metaphysischen Denkens nach und neben
Platon und Aristoteles. Viele Jahre später, 1991, legte Werner Beierwaltes unter
dem Titel Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit noch einmal eine ausführlich

207
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften