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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

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C. Die Forschungsvorhaben
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II. Tätigkeitsberichte
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11. The Role of Culture in Early Expansions of Humans (Frankfurt/Tübingen)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0280
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C. Die Forschungsvorhaben

Zudem wird die Nutzbarkeit für verschiedene Gruppen von Menschen incl.
Frühmenschen, die mit anderen biologischen und kulturellen Kapazitäten seit
ca. 2 Millionen Jahren im Kaukasus präsent waren, berücksichtigt. Hiermit geht die
Datenbank weit über bestehende ethnobotanische Datenbanken (z. B. Plants for a
future) hinaus. Die Konzeption und Realisation der Datenbankstruktur sind abge-
schlossen. Ein ausführliches Handbuch dokumentiert diese Struktur sowie die ein-
zelnen Attribute der Tabellen. Bisher sind Informationen zur Essbarkeit von über
400 Taxa kompiliert, mit Details zu 343 essbaren Pflanzenteilen, sowie über 400
anderen Nutzungsmöglichkeiten (Fasern, Färben, Holz). Für jede Vegetationsein-
heit kann so erhoben werden, wie viele essbare Pflanzenteile von welcher Qualität
(Kohlehydrate, Fette) zu welcher Jahreszeit vorhanden sind und mit welchen Tech-
niken diese nutzbar gemacht werden können (z. B. mit/ohne Feuer, Werkzeuge,
Vorratshaltung). Die Methodik konnte inzwischen an für die Umwelt der Dmanisi-
Frühmenschen rekonstruierten Vegetationseinheiten erfolgreich getestet werden.
Für diesen Beispielfall (,ohne Feuer4) unterstreichen die ersten Ergebnisse die Be-
deutung von Wäldern als Quelle pflanzlicher Nahrungsressourcen im Kaukasus.
Diese erfolgreich etablierte Datenbank wird nun weiter ausgebaut und nach-
haltig konsolidiert. Über die Auswertung von Vegetationseinheiten des Kaukasus
hinaus bietet die PlantBITES-Datenbank vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
im wissenschaftlichen Kontext der Forschungsstelle. Ein ganz wichtiges Ziel die-
ses Ansatzes ist eine normierte Quantifizierung der Ressourcenverfügbarkeit, die
überregionale standardisierte Vergleiche von Vegetationstypen aus verschiedenen
Klimazonen oder Kontinenten mit ganz unterschiedlichen Pflanzenarten erlau-
ben wird. Ein erster überregionaler Vergleich der Ergebnisse aus dem Kaukasus
ist zurzeit mit Daten aus dem Baza-Becken (Südspanien) mit den ältesten Nach-
weisen von Homo in Westeuropa in Arbeit (Teil der Doktorarbeit von Yul Al-
tolaguirre). Hier scheint sich ein deutlich anderes Bild, mit höheren Werten der
Ressourcenverfügbarkeit eher in Offenlandschaften, als im Kaukasus abzuzeich-
nen (Abb. 1).
Auch die Adaption der PlantBITES-Datenbank zur Ressourcenanalyse in Asi-
en befindet sich im Aufbau. Hierzu besteht im Rahmen ihres Forschungsprojekts
„Pleistocene Hominin Migration ofjava: Multi-Scale Agent-Based Model Simula-
tion“ eine Kooperation mit Frau Dr. Mika Puspaningrum (Bandung, Indonesien)
zur Quantifizierung der Ressourcenverfügbarkeit essbarer Wildpflanzen für Ho-
mo erectus auf Java. Weitaus komplexere Analysen erfordert das ebenfalls in Arbeit
befindliche Studium der jahreszeitlichen Verfügbarkeit essbarer Pflanzenteile in
Lebensräumen von Neandertalern in Mitteleuropa im Vergleich von Glazial- und
Interglazial-Zeiten. Die Ressourcenkulturen von Neandertalern sind geprägt von
komplexeren kulturellen Möglichkeiten des Sammelns, der Aufbewahrung und
Zubereitung pflanzlicher Nahrung, die erst individuell für die einzelnen Gruppen
auf der Basis archäologischer Befunde definiert werden müssen.

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