B. Die Mitglieder
einer der besten Kenner gelten konnte. Maas ermutigte Dihle, dieses Projekt fort-
zuführen und abzuschließen, gab ihm aber auch den Rat, in seiner späteren For-
schungstätigkeit nicht bei solch abgelegenen Texten und Themen zu bleiben, son-
dern sich den klassischen Texten zuzuwenden: dort werde er finden, was Werte für
die Dauer vermittelt. Dieser Rat, der weniger Maas’ eigenes, hochspezialisiertes
CEuvre widerzuspiegeln scheint als vielmehr das Oxforder Bachelor-Curriculum,
erweist sich bei näherer Betrachtung darin als paradox, dass er über die Spannung
hinwegzugehen scheint, die zwischen dem an jede Forschung zu stellenden Inno-
vationsanspruch und der Tatsache besteht, dass innovative Forschung zu vielbehan-
delten kanonischen Texten zwar, entgegen dem Köhlerglauben, durchaus möglich
ist, aber nicht nur viel Erfahrung, sondern auch so etwas wie Finderglück verlangt,
und dass man deshalb derartige Versuche jungen Leuten am Anfang ihrer Lauf-
bahn nur in besonders gelagerten Fällen guten Gewissens empfehlen kann. Dihle
hat sich den von Maas gegebenen Rat zwar zu Herzen genommen, aber nicht in
dem Sinne, dass er ihn unkritisch akzeptiert hätte, sondern vielmehr so, wie der
Platonische Sokrates sich das Delphische Orakel zu Herzen genommen hat: näm-
lich als Aufforderung, seinen Inhalt zu überprüfen: Muss der Impetus zur Erschlie-
ßung zuvor randständiger Autoren, Gattungen und Themen, der für die „gebiets-
hungrige, sachfreudige und persönlichkeitsgeschwellte“ Ara der Reichsgründung
(Karl Reinhardt)52 ebenso charakteristisch war, wie er nach dem Ersten Weltkrieg
in Verruf geriet - muss dieser Impetus von dem hohen Ziel der Humanitätsbil-
dung wirklich immer nur abführen, oder lässt er sich diesem Ziel auch dienstbar
machen? Kann die Polymathie nicht auch einmal humanistische Früchte tragen?
Im Herbst des auf die Oxfordreise folgenden Jahres, am 7. Oktober 1949, hat
Albrecht Dihle Marlene Meier-Menzel geheiratet, die Tochter des Musikdozenten
Eduard Meier-Menzel aus Frankfurt an der Oder, die er schon 1946 beim gemein-
samen Chorgesang in der evangelischen Marienkirche zu Göttingen kennengelernt
hatte;53 in diesen - ein Jahr nach der im Juni 1948 erfolgten Währungsreform noch
recht mageren - Zeiten war es ein besonders willkommenes Geschenk, dass die
Hochzeit der Dihles durch Albrecht Dihles Patenonkel v. d. Groeben im v. Reden-
sehen Gutshaus zu Hermannsburg ausgerichtet wurde. Die Trauung nahm Dihles
Göttinger Konfirmator Adolf Wischmann vor, der inzwischen in Hermannsburg
als einer der beiden Direktoren der dort neugegründeten Evangelischen Akademie
wirkte (die später nach Loccum verlagert wurde). Aus der Ehe der Dihles sind
vier Töcher und ein Sohn hervorgegangen: Franziska (*1951), Stefanie (*1952),
Andreas (*1955), Barbara (*1956) und Katharina (*1961).
Als junger Ehemann vollendete Dihle zunächst seine Habilitationsschrift
„Rhythmica I: Studien zur rhythmischen Poesie der Griechen“, aufgrund derer
52 Reinhardt, 1933, 9.
53 Dihle Ms.2, 2.
98
einer der besten Kenner gelten konnte. Maas ermutigte Dihle, dieses Projekt fort-
zuführen und abzuschließen, gab ihm aber auch den Rat, in seiner späteren For-
schungstätigkeit nicht bei solch abgelegenen Texten und Themen zu bleiben, son-
dern sich den klassischen Texten zuzuwenden: dort werde er finden, was Werte für
die Dauer vermittelt. Dieser Rat, der weniger Maas’ eigenes, hochspezialisiertes
CEuvre widerzuspiegeln scheint als vielmehr das Oxforder Bachelor-Curriculum,
erweist sich bei näherer Betrachtung darin als paradox, dass er über die Spannung
hinwegzugehen scheint, die zwischen dem an jede Forschung zu stellenden Inno-
vationsanspruch und der Tatsache besteht, dass innovative Forschung zu vielbehan-
delten kanonischen Texten zwar, entgegen dem Köhlerglauben, durchaus möglich
ist, aber nicht nur viel Erfahrung, sondern auch so etwas wie Finderglück verlangt,
und dass man deshalb derartige Versuche jungen Leuten am Anfang ihrer Lauf-
bahn nur in besonders gelagerten Fällen guten Gewissens empfehlen kann. Dihle
hat sich den von Maas gegebenen Rat zwar zu Herzen genommen, aber nicht in
dem Sinne, dass er ihn unkritisch akzeptiert hätte, sondern vielmehr so, wie der
Platonische Sokrates sich das Delphische Orakel zu Herzen genommen hat: näm-
lich als Aufforderung, seinen Inhalt zu überprüfen: Muss der Impetus zur Erschlie-
ßung zuvor randständiger Autoren, Gattungen und Themen, der für die „gebiets-
hungrige, sachfreudige und persönlichkeitsgeschwellte“ Ara der Reichsgründung
(Karl Reinhardt)52 ebenso charakteristisch war, wie er nach dem Ersten Weltkrieg
in Verruf geriet - muss dieser Impetus von dem hohen Ziel der Humanitätsbil-
dung wirklich immer nur abführen, oder lässt er sich diesem Ziel auch dienstbar
machen? Kann die Polymathie nicht auch einmal humanistische Früchte tragen?
Im Herbst des auf die Oxfordreise folgenden Jahres, am 7. Oktober 1949, hat
Albrecht Dihle Marlene Meier-Menzel geheiratet, die Tochter des Musikdozenten
Eduard Meier-Menzel aus Frankfurt an der Oder, die er schon 1946 beim gemein-
samen Chorgesang in der evangelischen Marienkirche zu Göttingen kennengelernt
hatte;53 in diesen - ein Jahr nach der im Juni 1948 erfolgten Währungsreform noch
recht mageren - Zeiten war es ein besonders willkommenes Geschenk, dass die
Hochzeit der Dihles durch Albrecht Dihles Patenonkel v. d. Groeben im v. Reden-
sehen Gutshaus zu Hermannsburg ausgerichtet wurde. Die Trauung nahm Dihles
Göttinger Konfirmator Adolf Wischmann vor, der inzwischen in Hermannsburg
als einer der beiden Direktoren der dort neugegründeten Evangelischen Akademie
wirkte (die später nach Loccum verlagert wurde). Aus der Ehe der Dihles sind
vier Töcher und ein Sohn hervorgegangen: Franziska (*1951), Stefanie (*1952),
Andreas (*1955), Barbara (*1956) und Katharina (*1961).
Als junger Ehemann vollendete Dihle zunächst seine Habilitationsschrift
„Rhythmica I: Studien zur rhythmischen Poesie der Griechen“, aufgrund derer
52 Reinhardt, 1933, 9.
53 Dihle Ms.2, 2.
98