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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

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D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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III. Das WIN-Kolleg der Jungen Akademie | HAdW
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Achter Forschungsschwerpunkt: „Stabilität und Instabilität von Zuständen – Schlüssel zum Verständnis von Umbrüchen, Wendepunkten und Übergangsphasen“
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https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0411
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8. Heterodoxien als Stabilitätsfaktoren


Abb. 1. Zusammenhänge zwischen heterodoxen Überzeugungen zu Verschwörungstheorien (VT), Alter-
nativmedizin (AM) und paranormalen Phänomenen (PP). Basierend auf den in unserer Onlinestudie mit
N=299 deutschsprachigen Teilnehmerinnen erhobenen Daten wurden heterodoxe Überzeugungs-Scoresfür
die adressierten Themengebieten aus den subjektiven Wahrheitsbewertungen der Aussagen geschätzt (höhere
Werte bedeuten dabei heterodoxere Überzeugungen). Es zeigt sich, dass heterodoxe Überzeugungen in den
verschiedenen Bereichen stark miteinander assoziiert sind, daher können gemeinsame, zugrundeliegende Prozesse
angenommen werden, die wir mit dem von uns entwickelten experimentellen Vorgehen neurowissenschaftlich
untersuchen können.

Während solche Online-Untersuchungen in unserem ursprünglichen Pro-
jektplan nicht vorgesehen waren und eine gewisse Umstrukturierung der Vor-
gehensweise erforderlich machen, bringen sie viele Vorteile mit sich. So können
aufwändig erstellte experimentelle Paradigmen schnell anhand großer Stichproben
validiert und umfangreiche Daten zu erwarteten Antwortmustern gewonnen wer-
den, die es bspw. erlauben, die Items in zwei äquivalente Sets aufzuteilen, wie es
für unsere parallelen Untersuchungen im fMRT und MEG notwendig ist. Des
Weiteren können wir durch die offene Bereitstellung unserer Materialien und Da-
ten die Grundlage für die Nutzung des entwickelten Paradigmas durch andere
Forschungsgruppen im Sinne einer offenen und reproduzierbaren Wissenschaft
schaffen.
Dass die große Vielzahl an Aussagen für den Online-Fragebogen überhaupt
generiert werden konnte, liegt auch an dem Fortschritt, der im philosophischen
work package WP2 (Lessau) erzielt wurde. Unser Mitarbeiter Emilio Lopez konn-
te eine Vielzahl von typischen argumentativen Rechtfertigungsstrategien für die
verschiedenen heterodoxen Gegenstandsbereiche logisch rekonstruieren und
mit konkreten Beispielen aus den sozialen Medien belegen. Diese Argumenta-
tionsmuster bildeten zusammen mit den weiter fortgeschrittenen Analysen phi-
losophischer Rechtfertigungsstrategien in (vorwiegend akademischen) Texten zu
heterodoxer Heilkunde durch Mathis Lessau einen hervorragenden Pool, um eine
große Bandbreite typischer heterodoxer Aussagen für die Online-Studie zu erstel-
len. Die rekonstruierten Argumentationsfiguren werden aber auch weiterhin die
Grundlage dafür bieten, ihre angenommene individuell stabilisierende Funktion
im Rahmen des integrativen work package WP4 empirisch zu überprüfen. Um dies
experimentell möglich zu machen, müssen sie in diesem Jahr weiter vereinfacht
und in ihrer Darstellung vereinheitlicht werden.

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