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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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Wolfgang P. Schleich

Quantenmechanik: Eine Theorie nur auf der Grundlage beobachtbarer Größen
Im Frühjahr 1925 gewann Werner Heisenberg auf der Insel Helgoland, wohin er
wegen seines Heuschnupfens geflüchtet war, eine tiefe Einsicht in die Phänome-
ne des Mikrokosmos. In seinem Artikel „Über quantentheoretische Umdeutung
kinematischer und mechanischer Beziehungen", betont er, dass seine neue Quan-
tentheorie
... ausschließlich auf Beziehungen zwischen prinzipiell beobachtbaren Größen ba-
siert ist.
Schon im ersten Satz schreibt er, dass die Rechenregeln der Bohr-Sommer-
feldschen Quantenmechanik
... als wesentlichen Bestandteil Beziehungen enthalten zwischen Größen, die
scheinbar prinzipiell nicht beobachtet werden können (wie z. B. Ort, Umlaufzeit
des Elektrons), daß alsojenen Regeln offenbarjedes anschauliche physikalische Fun-
dament mangelt, wenn man nicht immer noch an der Hoffnung festhalten will, dass
jene bis jetzt unbeobachtbaren Größen später vielleicht experimentell zugänglich
gemacht werden könnten.
Im Gegensatz zur Atommechanik konzentriert sich die Heisenbergsche
Quantenmechanik deshalb nicht auf eine Umlaufbahn des Elektrons, sondern auf
die im Experiment beobachteten Frequenz des ausgestrahlten Lichts bei einem
Übergang zwischen zwei Bahnen. Aus diesem Grund müssen mechanische Grö-
ßen wie Ort und Impuls mit zwei Indizes, die die Anfangs- und Endbahn bezeich-
nen, versehen werden. Ort und Impuls entsprechen somit Matrizen.
Aufgrund ihrer mathematischen Komplexität wurde aber die Matrizenmecha-
nik sehr bald von der Wellenmechanik Schrödingers, die fast gleichzeitig entstand,
und äquivalent zur Matrizenmechanik ist, abgelöst. Jedoch verbirgt die Schrödin-
gersche Wellengleichung typische Eigenschaften von Quantensystemen.
Unbestimmtheitsrelation und komplementäre Messungen
In der Tat führen Quantenteilchen keine kontinuierlichen Bahnen in der Raum-
zeit aus, und haben keinen Ort oder Impuls, bis sie beobachtet werden. Erst die
Messung entscheidet, welche Eigenschaften zu Tage treten.
So schreibt Heisenberg in seiner Arbeit zur Unbestimmtheitsrelation:
Im Augenblick der Ortsbestimmung, also dem Augenblick, in dem das Lichtquant
vom Elektron abgebeugt wird, verändert das Elektron seinen Impuls unstetig. Diese
Änderung ist umso größer, je kleiner die Wellenlänge des benutzten Lichtes, d. h. je
genauer die Ortsbestimmung ist. In dem Moment, in dem der Ort des Elektrons be-
kannt ist, kann daher sein Impuls nur bis auf Größen, die jener unstetigen Änderung
entsprechen, bekannt sein; alsoje genauer der Ort bestimmt ist, desto ungenauer ist
der Impuls bekannt und umgekehrt; ...

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