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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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Sabine Tittel

beiten am Modul „Text" (weitere Module sind die Wortschatzuntersuchungen, die
kritische Forschungsbibliographie und das Linked-Open-Data-Modul). ALMA
arbeitet empirisch anhand von eigens erstellten Textkorpora: Das Team erarbei-
tet neue, digitale Texteditionen bisher nicht beachteter mittelalterlicher Hand-
schriften und (re-)digitalisiert Editionen, die bereits in gedruckter oder digitaler
Form vorliegen; alle Editionen werden in zwei Domänenkorpora zu ,Recht' und
,Medizin' zusammengeführt. Dies geschieht parallel für die Sprachen der mittel-
alterlichen Italo- und Galloromania, die den Untersuchungsschwerpunkt ALMAs
ausmachen: Italienisch (Forschungsstelle Saarbrücken), Französisch (Forschungs-
stelle Heidelberg), Okzitanisch und Gaskognisch (Forschungsstelle München).
Im Fortgang der Arbeiten werden dann über korpuslinguistische Herangehens-
weisen Fachtermini und Schlüsselbegriffe aus den Texten extrahiert und zunächst
statistisch-quantitativ betrachtet. Diese werden anschließend als Basis für die Un-
tersuchungen der Wörter und ihrer Bedeutungen mit Blick auf alle vier Sprachen
dienen, die mit den kompetenzlinguistischen Methoden der historischen Lexiko-
logie durchgeführt werden. Deren Ziel ist das Sichtbarmachen von sprachlichen
Ausbau- und Kontaktprozessen innerhalb der Domänen ,Medizin' und ,Recht',
das zu einer etymologisch-historischen und einer varietätenlinguistischen Einord-
nung des Domänenwortschatzes und zum Erhellen dessen wissens- und kultur-
geschichtlicher Dimensionen führen wird. Die lexikalische Semantik auf der Seite
der Linguistik und die parallel ausgeführte informatisch-semantische Modellie-
rung auf der Seite von Linked Open Data und Ontology Engineering bedingen
und stützen sich hier gegenseitig.
Die Präsentation zeigte den Stand der Dinge der laufenden Texteditionen:
erstens, die manuell erarbeitete, digitale Edition eines frauenheilkundlichen Textes
von Trotula von Salerno (1. Drittel 13. Jh.) - eine der ganz seltenen mittelalterli-
chen Medizinschriften, die (nach aktuellem Forschungsstand) von einer Frau ver-
fasst wurden -, und zweitens, die algorithmengestützte Transkription zweier sehr
umfangreicher Texte, d. h die des Grand coutumier de Normandie, ein bedeutender
Rechtstext vom Ende des 13. Jh., und die der Grande Chirurgie des Gui de Chauliac
(Handschrift 2. Dr. 15. Jh., s. Abb. 1), einer der einflussreichsten mittelalterlichen
Medizintraktate mit einer jahrhundertelangen Wirkungsgeschichte in zahlreichen
Sprachen (vgl. S. 340).
Die maschinell unterstützten Transkriptionen werden mithilfe des freien
Werkzeugs ,eScriptorium' auf Basis von zunächst erzeugten Trainingsdatensätzen
für jede Handschrift durchgeführt, manuell nachkontrolliert und - unterstützt
durch automatische Transformationsroutinen - in XML/TEI überführt. Die Prä-
sentation beinhaltete ebenfalls einen Überblick über die technischen Prozesse, die
für die Erstellung, Weiterbearbeitung, Vorhaltung und Visualisierung der Editions-
texte implementiert worden sind und einen wichtigen Teil der Softwarearchitektur
ALMAs (s. Abb. 2) ausmachen.

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