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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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III. Veranstaltungen

Robert Schlögl: „Keine Energiewende ohne Wasserstoff -
Dimensionen und Herausforderungen"
Akademievorlesung am 13. November 2023
„Es wird erheblich unangenehmer auf der Erde", sagte der Chemiker Robert
Schlögl zu Beginn seiner Heidelberger Akademievorlesung in der gut besuchten
Alten Aula. Denn der Klimawandel sei längst im Gang, das Zwei-Grad-Ziel nicht
mehr zu erreichen. In seinem Vortrag „Keine Energiewende ohne Wasserstoff -
Dimensionen und Herausforderungen" sagte er auch: „Die Klimaerwärmung ist
nicht mehr unter der Kontrolle der Menschen, sondern das macht jetzt der Pla-
net selbst." Gleichwohl sei es nötig, die Kohlendioxid-Emissionen so schnell wie
möglich einzustellen. Auf der Veranstaltung betonte Schlögl, derzeit Präsident der
Alexander-von-Humboldt-Stiftung und Vizepräsident der Nationalakademie Leo-
poldina, jedoch trotz allem auch: „Ich glaube an die Kraft der Wissenschaft."
Wasserstoff spielt beim zentralen Problem der Energiespeicherung eine we-
sentliche Rolle: Um Schwankungen auszugleichen, ohne das Stromnetz wegen
Unterversorgung zusammenbrechen zu lassen, sind riesige Speicher nötig. Statt
umweltschädliche und teure Akkus damit aufzuladen, sei die Umwandlung in
chemische Energie der „richtige Hebel", so Schlögl. Schon das heutige Energie-
system basiert auf chemischer Energie, Öl, Benzin und Gas bestehen aus Kohlen-
stoffketten, „die wir verwandeln und daraus Energie gewinnen". „Und das machen
wir jetzt rückwärts", so Schlögl: Denn auch aus Wasser etwa lässt sich Wasserstoff
herstellen. Ein großer Teil der dafür benötigten Energie kann so gebunden und
später wieder genutzt werden - etwa in einer Brennstoffzelle, die elektrische Ener-
gie bereitstellt, sobald Wasserstoff in einer chemischen Reaktion mit Sauerstoff
wieder zu Wasser wird.
„Damit können wir nahezu alle Schwierigkeiten bewältigen", so der Referent,
der eine „chemische Batterie" vorschlägt. Das hat Vorteile: Die Herstellung teurer
und umweltschädlicher Akkus ist nicht nötig, der Träger selbst wird recycelt: Aus
Wasser wird Wasserstoff, der am Ende wieder zu Wasser wird. CO„ wie bei der
Verbrennung von Gas, entsteht nicht. Schlögl ist überzeugt, dass genug erneuerba-
re Energie produziert werden kann: „Wenn wir 0,5 Prozent der Erdoberfläche mit
Solarzellen bedecken, ist das Problem gelöst. Das ist sehr viel, aber möglich."
Auch Wasserstoff gibt es auf dem Planeten in Hülle und Fülle - zum größten
Teil allerdings nur in der gebundenen Form, also in Wasser, Erdgas oder Öl. In Re-
inform kommt Wasserstoff natürlich nicht vor - das heißt: All der Wasserstoff, den
es etwa an Tankstellen schon an der Zapfsäule gibt, wurde künstlich hergestellt.
Aber wir brauchen davon „fürchterlich viel mehr", so der Chemiker. Die Kosten
dafür schätzt der Wissenschaftler als etwa doppelt so hoch ein wie jetzt. Insgesamt
werden Hunderttausende Fabriken gebraucht. Das entspricht in etwa der Größen-
ordnung der gegenwärtig 80.000 Kraftwerke auf der Welt.

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