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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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C. Die Forschungsvorhaben

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben an verschiedenen Kolloquien
teilgenommen und dort auch ihre Forschungen eingebracht. Hervorzuheben sind
Bemühungen, die Möglichkeiten quantitativer Analyse der von uns gesammel-
ten Daten auszubauen. So hat Stefan Aderhold auf dem GAIDAS-Workshop in
Würzburg über „Erkenntnisse und Grenzen der Netzwerkanalyse am Beispiel des
Theologenbriefwechsels Jakob Andreaes" referiert. In der Folge ergab sich eine
Zusammenarbeit mit Ramona Roller von der ETH Zürich und Phillip Ströbel
vom Projekt Bullinger Digital. Gemeinsam wird an der Optimierung maschineller
Transkriptionen und Textauswertungen gearbeitet. Auch sollen neue Forschungs-
fragen, die an unser Corpus anhand quantitativer Methoden gestellt werden
können, entwickelt werden. Marcel Böhme hat auf einem der Quellengattung
„Korrespondenz" gewidmeten Kolloquium in Leipzig einen Vortrag zum Thema
„Von der Online-Dokumentation zur gedruckten kritischen Auswahledition - Plä-
doyer für ein mehrstufiges Editionsmodell" gehalten. Max Graff hat dort die in
unserem Projekt gewonnenen Erkenntnisse zur Abgrenzung der Quellengattung
„Korrespondenz" unter dem Titel „Zentrale und randständige Textsorten in den
Briefwechseln von Theologen" präsentiert.
Der Forschungsstellenleiter hatte bei der Jahrestagung der Kommission für
geschichtliche Landeskunde Baden-Württemberg die Gelegenheit, „Theologen-
briefwechsel als Quelle der Geschichte des Südwestens in der Frühen Neuzeit"
nicht nur der Kommission, sondern auch einem großen Publikum in der Kunst-
halle Würth in Schwäbisch Hall zu erläutern. Gerade die gegenwärtige „Medien-
revolution" öffnet die Augen für Parallelen in der Frühen Neuzeit. Auch in der
Frühen Neuzeit gab es einen grundlegenden Wandel der Kommunikationsmög-
lichkeiten durch die neue Technik des Buchdrucks. Ebenso wurden die Möglich-
keiten, Briefe zu transportieren, vielfältiger. Zudem brachten die Humanisten die
antike Kultur, Briefe zu schreiben und diese literarisch auszugestalten, neu zur
Geltung. Briefe spielten eine wichtige Rolle, um Ideen- und Gesinnungsgemein-
schaften zu bilden. Martin Luthers Reformation konnte hier unmittelbar an-
knüpfen. Die Reformatoren der verschiedenen Städte und Territorien standen in
ständigem brieflichen Kontakt und erörteten Fragen der Lehre und der Gestaltung
des Kirchenwesens. In einer Zeit, in der Reisen beschwerlich, teuer, gefährlich
und zeitaufwändig war, kam Briefen eine besonders große Bedeutung für den
Informationsaustausch zu. Dieser Sachverhalt wiegt insofern besonders schwer,
als Zeitungen als Medium der Informationsvermittlung erst im 17. Jahrhundert
entstanden bzw. erst im 18. Jahrhundert verbreitet waren. So wurden in Briefen
der Frühen Neuzeit die Empfänger mit „Neuen Zeytungen" eingehend über alle
möglichen Geschehnisse, von kriegerischen Auseinandersetzungen über politi-
sche Veränderungen in den verschiedenen Reichen Europas bis hin zu Alltagssen-
sationen informiert.

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