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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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SchriftRaum Kloster (WIN-Konferenzen)

für die weiblichen Religiösen als Ausdruck ihrer Frömmigkeitsideale funktionier-
ten, wie jene Stoffe der (religiösen) Imagination Wissen ordneten und wie bei der
Fertigung der Teppiche von den zum opus Dei versammelten Nonnen bzw. Stifts-
damen Gemeinschaft wortwörtlich „gewoben" wurde.
Zu Beginn des zweiten Konferenztags stand die Typologie unterschiedlicher
Arten bzw. Gattungen von (Schrift-)Artefakten im Kloster im Mittelpunkt der
Diskussionen. KIRSTEN WALLENWEIN (Heidelberg) stellte in ihrem Beitrag
Reliquienauthentiken als Kultzeugnisse frühmittelalterlicher Klostergründungen
im Jura und Rhoneraum vor, wobei sie demonstrierte, wie in kritischen Momen-
ten der institutionellen Geschichte diese Etiketten selbst und mit ihrer Bergung
und Konsultation monastische Rangstreitigkeiten und Eigenkonstruktionen sicht-
bar wurden. Dem Thema der Einprägung von Inschriften auf klösterliche bzw.
stiftische Siegel spürte MARKUS SPÄTH (Gießen) anhand englischer Beispiele
nach. Seine kunsthistorisch-sphragistische Mikroskopie der Siegel des Erzbischofs
und Domkapitels von Canterbury vollzog minutiös deren Produktionsprozess
nach und beleuchtete die auch im Bereich der Siegelkultur artikulierten Ansprü-
che sowie die ebenda ausgetragenen Konflikte zwischen dem Oberhirten und dem
Kapitel der prima sedes Britanniae. Das Medium Licht und die Frage, wie mithilfe
von Licht Schrift und Text den Kirchenraum durchdrangen, beschäftigten VERA
HENKELMANN (Erfurt) in ihrer Fallstudie zu den Leuchterinschriften aus den
Stiften Aachen und Essen. Besonderes Augenmerk galt in diesem Rahmen einmal
mehr der Einbeziehung der Artefakte in die Liturgie und somit einer Frage, für de-
ren Beantwortung die libri ordinarii ein unerlässliches Analyseinstrument repräsen-
tieren. Die herausragenden Stücke hochmittelalterlicher Goldschmiedekunst aus
dem Schatz des Augustinerchorherrenstifts Oignies bildeten den Ausgangspunkt
für den Vortrag von MANDY TELLE (Heidelberg). In diesem problematisierte
sie Stellung und Schaffen des Künstlers Hugo von Oignies und dessen Bemühen,
mithilfe seiner epigraphischen Signaturen das eigene Seelenheil, aber ebenso seine
irdische Präsenz im Stift und damit seine Nähe zum gottesdienstlichen Geschehen
zu fördern. ANTONINA TETZLAFF (Bochum) schließlich richtete ihre Auf-
merksamkeit auf Schrift und Bild in der Wandmalerei italienischer Mendikanten-
konvente des 14. Jahrhunderts. Konkret debattierte sie etwa am Beispiel des Sujets
der Ordensbaum-Darstellungen, inwiefern diese der Vermittlung identitätsstiften-
der Ordensideale Rechnung trugen.
Die letzte Sektion der Konferenz traktierte mit fünf Beiträgen das Feld der
Topologie. Dem Beitrag von Inschriften an der Konstitution klösterlicher Funk-
tionsräume wie Dormitorium, Refektorium und Kapitelsaal ging MATTHIAS
UNTERMANN (Heidelberg) in seinem Vortrag nach. Dabei zeigte er sich unter
Rückgriff auf das Konzept der restringierten Schriftpräsenz skeptisch, inwiefern
etwa selbst aufwendig angelegte epigraphische Schriftbänder nicht nur gesehen,
sondern tatsächlich auch gelesen wurden, weshalb er für eine Differenzierung

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