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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Köpf, Ulrich: Annäherung an Gott im Kloster
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0078
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Annäherung an Gott im Kloster | 77
ihn lieben und zugleich bekennen, nicht über ihn reden und nachdenken zu können.
Durch seine Liebe und unsere Gegenliebe werden wir zum Reden und Nachdenken
über ihn veranlasst. ⁹⁶ Doch im Wissen um seine Schwäche müsse der Mensch sich
selbst demütigen und auch in der Kontemplation, am Höhepunkt seines Aufstiegs
zu Gott, sich selbst gering werden. ⁹⁷
Mit der Demut stoßen wir auf eine grundlegende monastische Tugend, der in der
Benediktsregel ein eigenes, umfangreiches Kapitel gewidmet ist und deren Ideal im
Übrigen die ganze Regel durchzieht. In Kapitel 7 der Regel wird sie in zwölf Gestalten
als Aufstiegsschema mit zwölf Stufen aus dem Bild der Jakobsleiter entwickelt.
Die aufgerichtete Leiter sei unser Leben in der »Welt«, das durch Gott selbst
zu einem Aufstieg in den Himmel gemacht werde, wenn unser Herz demütig sei. ⁹⁸
Dieser Aufstieg finde statt über die Stufen von Gottesfurcht, Aufgabe des Eigenwillens,
Gehorsam gegenüber dem Oberen, Gehorsam auch gegenüber unangenehmen
Aufträgen, Offenbarung aller Gedanken gegenüber dem Abt, Zufriedenheit selbst
mit dem Geringsten, innere Überzeugung von der eigenen Wertlosigkeit, Handeln
allein nach der Regel und dem Vorbild der Älteren, Schweigsamkeit, Zurückhaltung
mit Lachen, kurzes und bescheidenes Reden und schließlich Demut nicht nur
im Herzen, sondern auch im gesamten Verhalten. Diese Aufzählung bildet zwar
keineswegs eine systematische, hierarchisch geordnete Stufenfolge von Verhaltensweisen,
sondern stellt einfach verschiedene Aspekte nebeneinander. Auf jeden Fall
meint aber die Regel, wenn der Mönch alle genannten Stufen erstiegen habe, gelange
er zu einer Liebe zu Gott (caritas Dei), in der er seine Pflichten nicht mehr aus
Furcht vor der Hölle, sondern in der Liebe zu Christus (amor Christi) aus guter
Gewohnheit und Freude an den Tugenden erfülle. ⁹⁹ Ziel der Annäherung an Gott
auf den Stufen der Demut ist für die Regel also die Vollendung in der Liebe.
Bernhard von Clairvaux hat in seiner frühesten Schrift De gradibus humilitatis
et superbiae ¹⁰⁰ von 1124 in gewisser Weise einen weiterführenden Kommentar
zu Kapitel 7 der Benediktsregel verfasst. Darin fügt er einem ersten Teil über den
Aufstieg auf den Stufen der Demut im allgemeinen, über seine Voraussetzungen
und Bedingungen (Kap. 1–26) einen zweiten über den Abstieg auf den Stufen des
96 Guillaume de Saint-Thierry, Lettre (wie Anm. 46), cap. 299, S. 384: Ad quod cogitandum omnino impares
sumus; sed ignoscit quem amamus et de quo digne nos non posse vel dicere vel cogitare confitemur;
et tamen ut dicamus, ut cogitamus, amore ejus vel amore amoris ejus provocamur et trahimur.
97 Guillaume de Saint-Thierry, Lettre (wie Anm. 46), cap. 299, S. 384: Cogitantis ergo est in omnibus
humiliare seipsum et glorificare in seipso Dominum Deum suum; in contemplatione Dei vilescere sibi.
98 Regula Benedicti (wie Anm. 4), cap. 7, 8, S. 80: Scala vero ipsa erecta nostra est vita in saeculo, quae
humiliato corde a Domino erigitur ad caelum.
99 Regula Benedicti (wie Anm. 4), cap. 7, 67–70, S. 88.
100 Bernhard von Clairvaux, De gradibus humilitatis et superbiae, in: Ders., Sämtliche Werke lateinisch/
deutsch, hg. von Gerhard Winkler, 10 Bde., Innsbruck 1990 –1999, Bd. 2, S. 38 –131.
 
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