Metadaten

Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

DOI Artikel:
Röckelein, Hedwig: Inklusion – Exklusion: weiblich - männlich
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0139
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
138 | Hedwig Röckelein
belebten Innenstadt von Arles. Das erklärt aber nicht alles. Anscheinend schätzten
Benedikt und Caesarius den Einfluss der Außenwelt, der Verwandten und Freunde
auf die Mönche und Nonnen unterschiedlich ein.
Kommen wir zum zweiten Epochenschnitt in der Reformperiode des Hochmittelalters.
Als Abt Wilhelm die Konstitutionen für das im Schwarzwald gelegene Benediktinerkloster
Hirsau ⁵⁰ abfasste, stützte er sich auf die Vorschriften von Cluny,
die er von seinem Freund und Weggefährten Ulrich von Zell erhalten hatte. ⁵¹ Sein
Regelwerk zeichnet sich durch rigorose disziplinarische Vorschriften und perfide
Kontrollmechanismen aus. Zur Bewachung und Aufsicht der Mönche stellte er circatores
ab. Für deviante Mönche sah er abgestufte Strafen vor, die von Schlägen bis
zur Exkommunikation reichten. Wenn Wilhelm von includere und inclusus spricht,
dann meint er nicht die Klausur, sondern die incarceratio als Sanktion für schwere
Vergehen wie die Rebellion gegen den Abt. ⁵² Der Kerker (carcer) ist eine mansiuncula
[…] tante quantitatis, ut uni sufficiat hominis ⁵³ und fensterlos. Über die
Klausur verliert Wilhelm indes nur wenige Worte und behandelt sie eher indirekt
(claustrum, claudere, clavis). Lediglich den Besuch der Gäste (hospites) bespricht er
ausführlich.
Als Vergleichsbeispiel des weiblichen Monastizismus dient in der Reformperiode
das Benediktinerinnenkloster Lippoldsberg in Nordhessen. Es wurde von dem
reformorientierten Erzbischof Ruthard von Mainz (1089 –1109) an einem für das
Hochstift strategisch bedeutsamen Flussübergang an der Weser gegründet. ⁵⁴ Aus
dem sog. Nonneneid, einer um 1100 entstandenen Urkunde, ⁵⁵ geht hervor, dass die
Nonnen und die Äbtissin eidlich beschworen, sich nach dem Vorbild der Sanktimonialen
von St. Agnes in Schaffhausen einschließen zu lassen. ⁵⁶ Das Frauenkloster
50 Willehelmi abbatis constitutiones Hirsaugienses (wie Anm. 25). Vgl. auch: Hirsau St. Peter und Paul
1091–1991, Bd. 2: Geschichte, Lebens- und Verfassungsformen eines Reformklosters, bearb. von Klaus
Schreiner (Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 10/2),
Stuttgart 1991.
51 Die Konstitutionen entstanden in einem längeren Prozess, der sich an der Handschrift Zürich, Zentralbibliothek,
Rh 54, aus dem 11. Jahrhundert ablesen lässt.
52 Willehelmi abbatis constitutiones Hirsaugienses (wie Anm. 25), Bd. 2, lib. II, cap. 12 und lib. II, cap. 4.
53 Willehelmi abbatis constitutiones Hirsaugienses (wie Anm. 25), Bd. 2, lib. II, cap. 3, S. 25.
54 Zur Geschichte vgl. Jochen Desel, Lippoldsberg, in: Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster
in Hessen, bearb. von Friedhelm Jürgensmeier/Franziskus Büll/Regina Elisabeth Schwerdtfeger
(Germania Benedictina 7), St. Ottilien 2004, S. 741–767, zum Gründungsvorang bes. S. 741 f.
55 Sog. Eid der Nonnen von Lippoldsberg, um 1100. Original: HStA Marburg, Urkunden Lippoldsberg
[1095 –1101]. Edition: Mainzer Urkundenbuch, Bd. 1: Die Urkunden bis zum Tode Erzbischof Adalberts
I. (1137), bearb. von Manfred Stimmig (Arbeiten der Historischen Kommission für den Volksstaat Hessen),
Darmstadt 1932, Nachdruck 1972, Nr. 405, S. 310 –312.
56 Mainzer Urkundenbuch (wie Anm. 55), Nr. 405, S. 310 –312: Die Nonnen: nos sorores promittendo
laudamus inclusionem; die Äbtissin: laudo inclusionem solitam. […] sicut hactenus habuerunt Scafhusenses
sanctimoniales; et infra hanc inclusionem imitari et observare, in quantum possumus, ordinem
et consuetudines Hirsowensium monachorum. Zu den Lippoldsberger Klausurbestimmungen vgl. Ur-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften