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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röhrkasten, Jens: Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0188
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Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern | 187
frei, um eine zweite tunica zu bitten, sine caputio qui voluerint habere. ²² Diese
Überlegungen stellten jedoch die Notwendigkeit der Uniformität des franziskanischen
Habits nicht in Frage, denn die Brüder mussten sich nicht nur untereinander
erkennen können, sondern sie sollten auch in der Öffentlichkeit als Angehörige
ihres Ordens wahrgenommen werden. Missbrauch durch Unbefugte – man denke
an Salimbenes Geschichte der Müller von Reggio, die in der Fastenzeit singend im
Franziskanerhabit durch die Straßen zogen et sic Ordini in scandalum et in dedecus
redundaret oder an Elias, der den exkommunizierten Kaiser equitando und in
habitu ordinis begleitete – konnte sehr schädlich sein. ²³ Die Gefahr durch Nachahmer
erschien als so gravierend, dass Gregor IX. im März 1238 allen Personen,
die dem Orden nicht angehörten, verbot, den Habit zu tragen. ²⁴ Eine Erweiterung
dieser Bestimmung im November 1243 schloss auch solche Kleidung ein, die dem
Habit der Franziskaner ähnlich war. ²⁵ Obwohl diese in den 1240er Jahren mehrfach
wiederholten päpstlichen Privilegien wohl auf Bitten des Ordens zustande kamen,
trug sicher auch die Praxis im Orden zum Problem bei, denn der von Salimbene
genannte Bonuscompagnus von Prato, der immer nur einen alten Habit wollte, war
sicher nicht der einzige Minorit, der die Bestimmungen der Regula bullata ernst
nahm, dadurch aber auch die Uniformität in der äußeren Erscheinung der Ordensbrüder
in Frage stellte. ²⁶ In den frühen franziskanischen Konstitutionen wurde versucht,
einen gewissen Grad der Standardisierung zu erreichen, indem man auf die
Ärmlichkeit der Stoffe verwies und zu dunkle oder zu helle Farbtöne ausschloss. ²⁷
In den Narbonenses wurde diesem Thema ein eigener Abschnitt gewidmet, De
qualitate habitus, in dem nun auch Form, Schnitt und Länge der Oberbekleidung
der Religiosen geregelt wurde, doch erst in den Konstitutionen von 1316 wurde die
uniformitas des Habits gefordert. ²⁸ Zu diesem Zeitpunkt war der franziskanische
Habit nicht mehr nur ein Symbol für eine Ordenszugehörigkeit, sondern signalisierte
innerhalb des Ordens auch die religiöse Ausrichtung, wobei die Spiritualen
22 Servus Gieben, Per la storia dell’abito francescano, in: Collectanea Francescana 66, 1996, S. 431– 478, hier
S. 435; Franz von Assisi, Regula bullata (wie Anm. 14), cap. 2, S. 172 f.; cap. 4, S. 175.
23 Salimbene de Adam, Cronica, 2 Bde., hg. von Giuseppe Scalia (Scrittori d’Italia 232), Bari 1966, Bd. 1,
S. 234; Bd. 2, S. 915.
24 Bullarium Franciscanum, 4 Bde., hg. von Johannes Sbaralea, Rom 1759 –1768, Bd. 1, S. 234 f.
25 Bullarium Franciscanum (wie Anm. 24), Bd. 1, S. 317 f.
26 Salimbene de Adam, Cronica (wie Anm. 23), Bd. 1, S. 416: ipse nisi unam et illam veterem volebat accipere.
27 Constitutiones generales (wie Anm. 6), Bd. 1, S. 25, Nr. 39 – 43.
28 Moorman, A History (wie Anm. 5), S. 149, 185; Statua generalia (wie Anm. 8), S. 42– 44; Constitutiones
generales (wie Anm. 6), Bd. 2, S. 63: Et omnes fratres, quantum ad valorem, colorem, longitudinem et
latitudinem tam habituum quam capuciorum et manicarum, uniformitatem decenter observent, deformitatibus,
singularitatibus, pretiositatibus et superfluitatibus penitus resecatis.
 
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