290 | Matthias Untermann
geschlossen; dort standen vermutlich Nebenaltäre, die dann nur für die Stifterfamilien
oder -gruppen zugänglich waren. In Thorn sind die spätgotischen, beschnitzten
hölzernen Brüstungsplatten der Empore erhalten; dort wurde später auch eine
große Orgel aufgestellt.
Das Ineinanderschieben von Kreuzgang und Kirche ist eine unkonventionelle
Bauweise, an großen Stifts- und Klosterkirchen im Mittelalter kaum vorstellbar.
Insofern könnte es wiederum ein Element sein, das die Abkehr von konventionellen
Sehgewohnheiten dokumentiert.
Allerdings wurden viele Kirchen anderer Orden – und auch manche Franziskanerkirchen
– traditionell nur zu einer Seite hin erweitert, um umfangreiche
Baumaßnahmen im Kloster zu vermeiden, ³⁷ und dies war in den dicht bebauten
Städten in der Regel im 14./15. Jahrhundert nicht mehr möglich – in Thorn musste
das Langhaus deshalb sogar auf Strebepfeiler verzichten. An der Augustinerkirche
in Erfurt gab es jedoch keine solche Beschränkung. Überdies lässt es die geringe
monastische Relevanz des großen Kreuzgangs kaum denkbar erscheinen, dass er
bei einem Kirchenneubau »unantastbar« war. An Franziskanerklöstern wären am
ehesten Laiengrablegen betroffen.
Zu diskutieren wäre, ob das Konzept des in die Kirche einbezogenen Kreuzgangs
gerade dazu dienen konnte, diese Laiengrablegen in den Kirchenraum einzubeziehen
und sie mit den Altären auf der Empore zu überbauen. Es hätte damit eine
weitere Abstufung zwischen Gräbern im Kirchenraum, in Kapellen, im Kreuzgang
und auf dem Friedhof gegeben, möglicherweise im Sinn einer nachträglichen Rangerhöhung.
Schriftquellen zu diesem Thema sind bislang nicht identifiziert.
Bettelordensbauten – Kirchen und Klöster – sind nicht allein Zeugnisse eines späten,
neue Ideale lebenden Mönchtums, nicht allein Ausdruck sichtbarer Reduktion
oder demonstrativer Einfügung in städtische Kontexte. Die unterschiedlichen Interessen
und Interessensgruppen, denen Ansiedlung, Förderung und Nutzung der
Bettelordenskonvente verdankt werden, sind auch in den Bauten ablesbar, die andere
Aufgaben erfüllen mussten als die Kirchen und Klöster der traditionellen Orden.
Die bisher prägende Reduktion kunsthistorischer Fragestellungen auf Typen und
Stilformen einer Bettelordensarchitektur wird dem nicht gerecht – zu den angerissenen
Themen ist allerdings die notwendige breite Forschung erst begonnen.*
37 Untermann, Forma Ordinis (wie Anm. 3), passim.
* Der Vortragsstil wurde für diesen Beitrag weitgehend belassen und der Text nur mit den wichtigsten
Nachweisen versehen. Für vielfältige Diskussionen danke ich Leonie Silberer, für wichtige Hinweise
Timothy J. Johnson.
geschlossen; dort standen vermutlich Nebenaltäre, die dann nur für die Stifterfamilien
oder -gruppen zugänglich waren. In Thorn sind die spätgotischen, beschnitzten
hölzernen Brüstungsplatten der Empore erhalten; dort wurde später auch eine
große Orgel aufgestellt.
Das Ineinanderschieben von Kreuzgang und Kirche ist eine unkonventionelle
Bauweise, an großen Stifts- und Klosterkirchen im Mittelalter kaum vorstellbar.
Insofern könnte es wiederum ein Element sein, das die Abkehr von konventionellen
Sehgewohnheiten dokumentiert.
Allerdings wurden viele Kirchen anderer Orden – und auch manche Franziskanerkirchen
– traditionell nur zu einer Seite hin erweitert, um umfangreiche
Baumaßnahmen im Kloster zu vermeiden, ³⁷ und dies war in den dicht bebauten
Städten in der Regel im 14./15. Jahrhundert nicht mehr möglich – in Thorn musste
das Langhaus deshalb sogar auf Strebepfeiler verzichten. An der Augustinerkirche
in Erfurt gab es jedoch keine solche Beschränkung. Überdies lässt es die geringe
monastische Relevanz des großen Kreuzgangs kaum denkbar erscheinen, dass er
bei einem Kirchenneubau »unantastbar« war. An Franziskanerklöstern wären am
ehesten Laiengrablegen betroffen.
Zu diskutieren wäre, ob das Konzept des in die Kirche einbezogenen Kreuzgangs
gerade dazu dienen konnte, diese Laiengrablegen in den Kirchenraum einzubeziehen
und sie mit den Altären auf der Empore zu überbauen. Es hätte damit eine
weitere Abstufung zwischen Gräbern im Kirchenraum, in Kapellen, im Kreuzgang
und auf dem Friedhof gegeben, möglicherweise im Sinn einer nachträglichen Rangerhöhung.
Schriftquellen zu diesem Thema sind bislang nicht identifiziert.
Bettelordensbauten – Kirchen und Klöster – sind nicht allein Zeugnisse eines späten,
neue Ideale lebenden Mönchtums, nicht allein Ausdruck sichtbarer Reduktion
oder demonstrativer Einfügung in städtische Kontexte. Die unterschiedlichen Interessen
und Interessensgruppen, denen Ansiedlung, Förderung und Nutzung der
Bettelordenskonvente verdankt werden, sind auch in den Bauten ablesbar, die andere
Aufgaben erfüllen mussten als die Kirchen und Klöster der traditionellen Orden.
Die bisher prägende Reduktion kunsthistorischer Fragestellungen auf Typen und
Stilformen einer Bettelordensarchitektur wird dem nicht gerecht – zu den angerissenen
Themen ist allerdings die notwendige breite Forschung erst begonnen.*
37 Untermann, Forma Ordinis (wie Anm. 3), passim.
* Der Vortragsstil wurde für diesen Beitrag weitgehend belassen und der Text nur mit den wichtigsten
Nachweisen versehen. Für vielfältige Diskussionen danke ich Leonie Silberer, für wichtige Hinweise
Timothy J. Johnson.