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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Rexroth, Frank: Monastischer und scholastischer Habitus: Beobachtungen zum Verhältnis zwischen zwei Lebensformen des 12. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0328
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Monastischer und scholastischer Habitus | 327
Peter von Celles, klagte 1164 in einem Brief an Johann von Salisbury: »Ach, Paris,
wie sehr bist du dazu angetan, die Seelen gefangen zu nehmen und zu täuschen!
Du enthältst Netze aus Lastern, Fallstricke des Bösen, in dir durchbohrt der Höllenpfeil
die Herzen von Toren [...] Ach, glückliche Schule, in der Christus [selbst]
unsere Herzen mit dem Wort seiner wunderbaren Kraft belehrt [...]«. ²⁷ Der 1172
gestorbene Gilbert Hoyland, Abt des Zisterzienserklosters Swineshead, kritisierte
in einem Brief die Selbstbezüglichkeit des neuen Artes-Betriebs und behauptete,
dass die Artes nur dann eine gute Sache seien, wenn sie ad superiora quaedam et
sanctiora et magis intima arcana sapientiae praktiziert würden. ²⁸
Hinter diesen Klagen stand auch die Erfahrung, dass das aufregende freie Leben
der Scholaren auf die Mönchskonvente Einfluss auszuüben begann und in diesen zu
Verhaltensänderungen führte. So bat ein Konventuale aus Sankt Viktor in Marseille
seinen Abt in den 1120er Jahren inständig, an den Rechtsschulen Pavias studieren zu
dürfen. Ein unfreiwilliger Aufenthalt auf einer Romreise hatte ihn mit dem bunten
Treiben der Italiener und Provencalen in dieser Stadt bekannt gemacht, sein Lebensplan
scheint sich darüber verändert zu haben. ²⁹ Der wahrscheinlich nach 1174 gestorbene
Zisterzienser Isaak von Stella lässt in einer seiner Predigten durchblicken, wie
sehr es mittlerweile auch den Novizen darauf ankam, ihre Lehrer im Klaustrum in
der Manier der Scholastiker geistig brillieren zu sehen. Isaak, der offenbar selbst eine
entsprechende Bildung erfahren hatte, trug die Techniken der neuen Wissenschaft
in seinen Konvent hinein – und machte sich dann Vorwürfe, dass er die curiositas
seiner Schüler so sehr gereizt habe. Schließlich verlegte er sich auf die Darstellung
des Evidenten und Einfachen, was ihm bei seinen Schülern den Ruf eines Lehrers im
Niedergang einbrachte, eines magistralen Langeweilers. ³⁰ Bekannt ist auch das satirische
Gedicht vom Esel Brunello, der nach Paris zog, weil er einen längeren Schwanz
haben wollte – eine Persiflage auf den Religiosen, der die klaustrale Arbeitspflicht
leid war und sich deshalb nach Dingen sehnte, die nicht in seiner Natur lagen. ³¹
27 Chartularium Universitatis Parisiensis, hg. von Heinrich Denifle/Emile Châtelain, Bd. 1, Paris 1889,
S. 24, Nr. 22: O Parisius, quam idonea es ad capiendas et decipienas animas! In te retiacula vitiorum,
in te malorum decipula, in te sagitta inferni transfigit insipientium corda.
28 Gilbert von Hoyland, Epistola 2, in: Patrologia Latina, hg. von Jacques-Paul Migne, Bd. 184, Paris
1854, Sp. 291–293, hier Sp. 291: Non quod ego artium eruditioni derogo, et liberalium doctrinarum
promptae memoriae, et perspicuae intelligentiae, in quibus scientiae consistit integritas. Bona enim
artium notitia, sed si quis eis legitime utatur, id est tanquam gradu quodam et vestigio, non quo stetur et
inhaereatur, sed quo utendum sit ad superiora quaedam et sanctiora et magis intima arcana sapientiae,
in reconditos et suaves recessus, et in ipsam lucem inaccessibilem, quam inhabitat Deus.
29 Jean Dufour/Gérard Giordanengo/André Gouron, L’attrait des ‹ Leges ›. Note sur la lettre d’un
moine victorin (vers 1124/1127), in: Studia et Documenta Historiae et Iuris 45, 1979, S. 504 –529.
30 Isaak von Stella, Sermo 48, in: Ders., Predigten, hg. von Wolfgang Gottfried Buchmüller/Bernhard Kohout-Berghammer,
Bd. 3 (Fontes Christiani 52,3), Freiburg im Breisgau/Basel/Wien 2013, S. 768–779.
31 Nigello di Longchamps, Speculum stultorum, hg. von Francesca Albini, Genua 2003.
 
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