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Burkhardt, Stefan [Hrsg.]
Vita Arnoldi archiepiscopi Moguntinensis: die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen; Edition, Übersetzung und Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 2: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Vita arnoldi archiepiscopi moguntinensis: Die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31469#0086
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Edition und Übersetzung 85
dem Zeichen der Einheit der christlichen Liebe, und dem ‚Schleppkleid‘ vollständig
umgebene Bischof legte gegen die beschwerlichen Versuchungen und gleichsam
als Schild für den Glauben, die Hoffnung und die Großmut die Kasel an. ¹⁷⁵
Als Zeichen seiner Würde ließ der ehrwürdige Erzbischof Arnold das Hauptstück
dieses Gewands, das man Pallium nennt, bis nach unten herab reichend, mit
goldenen Fibeln anbringen. Mit so bedeutenden Amtszeichen also priesterlich
bekleidet wie der Hohepriester Aaron, trug er die ‚Cidaris‘ beziehungsweise die
Mitra, wie es sich für ihn ziemte, und, um für sich und für sein ganzes Volk die
Gnade zu erflehen, schritt der so bedeutende Bischof überaus ehrfurchtsvoll zum
Tisch des Herrn, als wäre er gleichsam mit einem Hochzeitsgewand bekleidet.
Welcher Wohlgeruch aber, welche Ausstrahlung, welche Art des Sprechens, welche
Andacht, wenn er bei den heiligen Mysterien stand! Mit welch großem
Vorrang seiner Würde er glorreich vor dem Angesicht Gottes erschien, das kann
man eher sich vorstellen als sagen.
21. Aber auch eine körperliche Fülle und die so überaus elegante Gestalt der
Person hatte ihm die göttliche Vorsehung verliehen. Seine Gestalt nämlich war
von stattlicher Größe, aber wohlbemessen, so wie sie die Vornehmen ¹⁷⁶ des
Landes gewöhnlich auszeichnet. Mehr noch als eine stattliche Figur besaß er ein
volles Gesicht. Ansonsten vertrieb eine niemals schlaffe, vielmehr ansehnliche
Wohlgenährtheit den Schrecken der Magerkeit. Grau war er am gesamten Haupt.
Durch ¹⁷⁷ die gekräuselten Locken verlieh das Haupthaar ihm ein schmuckvolles
Aussehen. ¹⁷⁸ Seine Augen waren groß, seine Nase gleichmäßig, seine Stirn durchaus
freundlich, aber auch streng. Und der Blick seiner Augen leuchtete durch die
Erhabenheit seiner Tugenden. Die Lippen waren wohlgeformt, sein Lächeln offen
und freundlich, das Gesicht in seiner Gesamtheit war mit einer lebendigen
und hellen Färbung versehen. Aber auch der ganze Gesichtsausdruck zeigte das
Gewicht seiner Beständigkeit und Autorität. Er war beweglich und trotz seiner
Körperfülle beinahe grazil, kräftig an allen Gliedern von ¹⁷⁹ der Fußsohle bis
zum Scheitel, so dass kaum ein, ja gar kein Makel bei ihm zu finden war. Und er
ließ auch eine Gemütsaufwallung durch seine bewegte Miene nach außen treten,
denn es wurde erkannt, dass in der leichten Errötung seines Gesichts eine gnädige
Stimmung, in der vollen Errötung Zorn und in all den mittleren Abstufungen
das Zeichen für beides abzulesen war. Im ¹⁸⁰ Verstand groß, im Ratschlag sehr
178 Die grauen Haare entsprechen Arnolds Alter über 60 Jahren; vgl. Einleitung, S. 29. Die gekräuselten
Haare entsprachen der damaligen Haarmode; vgl. etwa auch den sog. Cappenberger Barbarossakopf.
179 Deut. 28,35; Iob 2,7.
180 Heriger v. Lobbes, Gesta episcoporum Leodiensium c. 43 (MGH SS 7, S. 182, Z. 31): optimus
ingenio, magnus in consilio.
 
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