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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0349
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6. Rezeptionen und Wirkungen

thias Keul (f 1703) verdeutlicht524. In diesem hatte er in alphabetischer Ordnung
von „Abbas“ bis „Zelus“ Stichworte zu verschiedensten theologischen Gegen-
ständen versammelt und zu ihnen jeweils knappe Belegstellen aus den Werken
Bernhards oder ihm zugeschriebener Texte zusammengetragen. Unter diesen
war auch der Traktat Von den vier Arten der Gewissen, den Keul zur Veran-
schaulichung des Begriffs vom schlechten Gewissen heranzog.525 Die meisten
dieser Werke waren nicht mehr in Latein abgefasst, sondern in den Volksprachen,
von wo aus sie dann zum Teil erst ins Lateinische übersetzt wurden, wie an
Houdrys Bibliotheque des predicateurs ersichtlich ist. All diese Texte sind mit-
hin beredter Ausdruck eines Bemühens um Unterweisung der Gläubigen in der
Praxis ihrer Konfession - sie sind jedoch ebenso weitere Zeugnisse eines Fort-
lebens des Motivs der vier Gewissensarten.
David Martin: Traite de la religion naturelle
Als König Ludwig XIV. im Jahr 1685 mit dem Edikt von Fontainebleau den Ka-
tholizismus in Frankreich zur Staatsreligion erklärte, mußte auch David Martin
(f 1721) das Land verlassen. Die Aufhebung der seit 1598 zugesicherten Religi-
onsfreiheit führte zu einer beispiellosen Auswanderungswelle französischer Pro-
testanten, bei denen es sich mehrheitlich um Calvinisten handelte. Martin fand
seine neue Heimat in den Niederlanden, von wo aus er bis zu seinem Lebensende
ein umfangreiches CEuvre veröffentlichte, in dem seine 1707 erstmals gedruckte
Bibelübersetzung zweifellos den Höhepunkt markiert.526
Hier im Fokus steht sein 1713 erschienener Traite de la religion naturelle. Der
Gebrauch des Begriffs „Natürliche Religion“ seit dem 17. Jahrhundert erweist
sich als ebenso vielfältig wie widersprüchlich.527 David Martin ging es - kurz
gefaßt - darum, mittels der Vernunft die Vorzüglichkeit des Christentums vor
allen anderen Formen von Religion herauszustellen, ohne dabei - so die Pointe -
allein der Vernunft zu trauen. Sein Ziel bestand nicht zuletzt auch in der Bestim-
mung des Verhältnisses von Vernunft und Offenbarung für die Erkenntnis Got-
tes sowie die Formulierung allgemeiner und a priori geltender Prinzipien dieser
Erkenntnis. Die Abhandlung wurde durchaus wohlwollend zur Kenntnis ge-
524 Vgl. zu ihm A. Houbaert, „Keul (Mathias)“. Der Erfolg dieses Florilegs blieb aber offensicht-
lich sehr begrenzt: außer der Erstauflage des Jahres 1702 ist keine weitere nachweisbar.
525 „Conscientia mala. Quaeris, quaenam illa sit? Haec est illa, quae nec Deum timet, nec hominem
reveretur: quae cum venerit in profundum malorum, contemnit. Tom. 5. Tractatus de Con-
scientia, cap. 6.“ M. Keul, Apüiräm Mellifluum, S. 197.
526 Vgl. zu ihm E. u. E. Haag, La France Protestante, Bd. 7, S. 297-300.
527 Ein Überblick dessen, was damit bezeichnet wurde, findet sich bei bei D. A. Pailin, „Natür-
liche Religion II“.
 
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