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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0011
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Die Wirkmacht klösterlichen Lebens
Zur Einführung

Mirko Breitenstein/Gert Melville

Klöster waren nie nur Rückzugsorte. Seit den Anfängen der koinobitischen Be-
wegung in den Wüsten Afrikas und des Nahen Ostens wirkten jene Frauen und
Männer, die ihr Leben gemeinschaftlich und in Befolgung der evangelischen
Räte führen wollten, weit über ihren engeren Bereich hinaus. Sie waren aus den
jeweiligen gesellschaftlichen Strukturen, aus familiären Bindungen und herr-
schenden Machtgefügen ausgebrochen, um an einem Ort, der jenseits all dessen
liegen sollte, neu und allein für Christus zu leben. Ein solcher Ort aber, an dem
man tatsächlich losgelöst von jeder weltlichen Verstrickung hätte wirken kön-
nen, musste Utopie bleiben. Erreichen konnte man ihn, das stand fest, erst nach
dem Ende des irdischen Daseins. Damit aber war eine Spannung eröffnet, die
geschichtsmächtig wurde: Aus dem Erlösungsversprechen Christi erwuchs ein
Verlangen nach dem Jenseits, in dem sich Religiöse die Erfüllung ihres Strebens
erhofften, und das doch unerreichbar war. Das Streben nach Weltflucht mündete
daher - ob gewollt oder ungewollt - immer in Weltgestaltung. Insofern sich die-
ses Gestalten aber nie in der Immanenz erschöpfte, sondern seine Akteure ihren
Bezugspunkt stets in die versprochene Vollkommenheit transzendierten, er-
wuchs aus ihm eine ganz spezifische Wirkmacht klösterlichen Lebens. Sie steht
im Fokus des vorliegenden Bandes.
Die hier vereinten Studien nehmen Phänomene dieser Wirkmacht klösterli-
chen Handelns in den Blick und untersuchen diese in ihren kulturellen, rechtli-
chen, wirtschaftlichen und spirituellen Dimensionen. Sie gehen zurück auf
Vorträge einer Tagung, die vom 6. bis zum 8. April 2016 im ehemaligen Zister-
zienserinnenkloster Nimbschen unweit Grimma in Sachsen stattfand. Diese
wurde veranstaltet vom interakademischen Projekt „Klöster im Hochmittel-
alter. Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle“,
das gemeinsam von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der
Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig getragen wird. Dessen
Ziel ist es, die klösterliche Welt des Mittelalters als eine Wegbereiterin der
Moderne zu analysieren, insofern diese im sozialen und religiösen Wandel des
11. bis 13. Jahrhunderts eine bislang unerreichte Rationalität der Lebensgestal-
tung erlangte. Damals entstanden Modelle jenes gesellschaftlichen wie kulturel-
 
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