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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0112
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108 I Michael Hänchen und Gert Melville

immer problemlos mit dem gängigen Verfahrensablauf zu bewältigen. Dazu
folgende Beispiele aus den Quellen des Cluniazenserordens: Im Jahr 1261 be-
mächtigte sich Graf Alfons von Poitiers verschiedener Rechte des cluniazen-
sischen Klosters Reilhac in der Auvergne, über das die Visitatoren in üblicher
Verfahrensweise das Generalkapitel informiert hatten. Dieses entschied, den
Fall direkt an den Abt von Cluny zu delegieren, damit er nach seinem Ermes-
sen entscheide.37 Im Jahr 1265 beauftragte das Generalkapitel den Abt von
Cluny, er möge den Prior des provenzalischen Cluniazenserklosters Notre-
Dame-des-Ulmates veranlassen, einen quidam miles, von dem durch die Visi-
tatoren notorisch wurde, dass er mit Gewalt Ackerland des Hauses an sich
gebracht hatte, zu dessen Rückgabe zu bewegen.38 Gemäß der üblichen Ver-
schriftlichungsweise solcher Verfahren waren damit beide Fälle mit positivem
Ergebnis gelöst, denn Verfahrensbeendigungen wurden nie expressis verbis
vermerkt. Der Unterschied zwischen diesen beiden Routinefällen, die nur vie-
rer Verfahrensschritte bedurften - Tatbestandserhebung und dessen Über-
prüfung, Entscheidung und Vollstreckung -, lag im Einbezug handlungs-
beauftragter Organe: im ersten Fall war es nur der Abt von Cluny, im zweiten
kam die präzisierende Ergänzung einer Weitergabe an den betroffenen Prior
hinzu. Diese Vorgehensweise war eine an hunderten Fällen mit Erfolg er-
probte - also die Anwendung von Routine, die Tatbestand und Rechtsfolge in
eine erwartbare Beziehung brachte und zu lösen vermochte.
Ein bemerkenswerter Ausbau eines solchen Vorgehens, das dennoch auf be-
währte Elemente der ordensinternen Routine zurückgriff, zeigt sich in folgen-
dem Beispielfall: 1288 griff das cluniazensische Generalkapitel einen Visitati-
onsbericht bezüglich des Klosters Relanges auf, aus dem eine äußerst schädliche
Inbesitznahme von Klostergütern durch den Herrn von Baufremonte hervor-
ging, und beauftragte den Abt von Cluny, nuncii mit einem Schreiben an die-
sen Adeligen zu senden, damit er das Geraubte restituiere.39 Ein Jahr später
meldeten die Visitatoren, dass das Problem noch nicht behoben sei, und wiesen

37 Gomes Pictavie oecupavit de novo jurisdictionem et quedam alia jura in domo vel villa de
Rilhac [...]; apponat dominus Abbas consilium quod poterit et viderit expedire. Statuts, cha-
pitres generaux et visites de l’ordre de Cluny, ed. Gaston Charvin, 9 Bde., Pans 1965-1982,
Bd. 1, S. 262.
38 Item, injungat dominus Abbas priori de Ulmacis quod revocet quamdam condominiam terre
arabilis dicte domus quam violenter oecupavit quidam miles. Ebd., S. 292.
39 Dominus de Baufremonte facit quoddam stagnum in villa de Laineville et oecupavit posses-
siones et predia domus de Relinges, in quo gravata est et damnificata plurimum, nisi fiant
restitutiones ad valorem. Scribat dominus Abbas et mittat nuncios ad dominum nobilem ut
dictamdomum servet superpredictis indemnem et utpensiones plures assignatas inutiliterper
rectores dicte domus ab antiquo sibiplaceat revocare. Ebd., S. 451.
 
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