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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0114
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110 I Michael Hänchen und Gert Melville

Auch hier zeigen sich zumeist sehr rasche Lösungen durch Routine, so dass
sich auch hier fast immer die kürzeste Form des Verfahrens mit jenen vier
Schritten herausbildete, nämlich Tatbestandserhebung und dessen Überprü-
fung, Entscheidung und Vollstreckung. Um nur zwei Beispiele unter vielen
Dutzenden zu nennen: Dem zisterziensischen Generalkapitel wurde 1198 an-
hand eines Visitationsberichtes bekannt, dass der Graf von Augum von der
normannischen Zisterze Foucarmont „ungerechtfertigte Abgaben“ abzwänge.
Das Definitorium beschloss daraufhin, dass dem König von England, dem
Erzbischof von Rouen und eben diesem Grafen geschrieben werden solle, da-
mit diese Bedrückungen eingestellt werden.43 Ebenso wurde verfahren, als die
irischen Klöster der Weißen Mönche einer nicht näher genannten Bedrückung
ausgesetzt waren und man beschloss, Briefe an den Kardinal Guido de Pare
und einen gewissen loannes de Corci zu schicken, um die Missstände zu been-
den.44 Nach Vollzug dieser Entscheidungen war jeweils im nächsten Jahr das
Übel beendet. Die Routine setzte hier den Tatbestand exogener Einflüsse in
die Rechtsfolge, indem die eigene Systemgrenze durch Einbeziehung ordens-
fremder Akteure bewusst ausgeweitet werden musste, um einigen Interventio-
nen von außen erfolgreich begegnen zu können. Dennoch blieb die Verfah-
rensfestigkeit hoch, auch wenn sie sich zweifellos auf Grenzbereiche der
ordenseigenen Handlungsräume ausdehnte und dritte Mächte als Vollzugs-
instanzen einschloss.
Nicht immer jedoch konnten Verfahrensroutinen sequentiell kumuliert wer-
den wie im Falle von Relanges, nicht immer konnte mit einem unverzüglichen
Einlenken von Gegnern eines Klosters gerechnet werden, so dass Stabilitäts-
erwartungen äußerst prekär wurden und die Verfahrensfestigkeit brach oder
43 De exactionibus quas comes Augi ab abbate de Fulcardimonte exigit, scribatur domino regi
Anglorum et archiepiscopo Rhotomagensi et eidem comiti. Canivez, Statuta (wie Anm. 25),
S. 228f., Nr. 35.
44 De pressuris et molestiis quas sustinent Hibernienses scribatur domino cardinali et loanni de
Corci. Ebd., S. 272, Nr. 42. Ein Verfahren, was auch die Cluniazenser mit Erfolg anwandten:
Item, scribat dominus Abbas regi Romanorum, ut cum Allemannus conversus domum de
Tirembal, Basiliensis diocesis, per violentiam detineat occupatam nec velit in ahquo obedire,
propter quod est excommunicationis sententia innodatus, ipsum compellat desistere a tanta
injuria manifesta et sie apud Cluniacum adduci poterit, sic corrigatur ut cedat ceteris in ter-
rorem. Charvin, Statuts (wie Anm. 37), S. 415. Oder mit dem Verweis auf die Machtfülle des
Anzuschreibenden in der Region: Prioratum de Loco Dei occupavit Guillermus de Albans
per vim et authoritate propria, injuriose et in prejudicium prioratus et dicte domus, detinens
mobilia etpossessiones dicte domus, etpriorem ibidem canonice institutumper dominum Ab-
batem de dicto prioratu fugavit. Scribat dominus Abbas cum diffinitoribus domino Joanni
Cabilonensi qui in dicta regione summe dominatur, ut dicti domicelh refrenet impetum et
compescat in tantum ut ecclesia Cluniacensis pacificam et liberam possessionem dicte domus
recipiat etprior qui fugatus est ibidem inpace et tranquilhtate moretur. Ebd., S. 442.
 
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