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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0144
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140 I Jens Röhrkasten

legung stattfand.65 Damit wurden die Religiösen der wirtschaftlichen Komplexität
der von ihnen betriebenen Institutionen gerecht. Allerdings war der Orden nicht
in der Lage, eine einheitliche Praxis zu entwerfen und einzuführen. Ein wichtiger
Grund dafür bestand in den Unterschieden der Wirtschaftsstruktur der Klöster
sowie in den jeweiligen Besonderheiten ihrer Organisation, z.B. der Anzahl der
Wirtschaftsämter oder der Lage der Besitzungen. Die erhaltenen Rechnungsbü-
cher und Akten deuten auf ganz unterschiedliche Verfahren hin. Während etwa
im südenglischen Beaulieu die regelmäßigen Abrechnungen nach einem sorgfäl-
tig ausgearbeiteten System stattfanden, waren sie im Zisterzienserinnenkloster
Kaisheim und seinen Filialen an die Visitationen gebunden, die keinem festen
Zeitplan unterworfen waren.66 Abgesehen von den strukturellen Unterschieden
in Aufbau und Organisation der Klosterwirtschaft, können sich durchaus auch
kulturelle Differenzen ausgewirkt haben. Darauf deuten die verschiedenen Ver-
fahren hin, die von einer einfachen Aufstellung der Bestände an Vieh und Ern-
teerträgen über die Feststellung der Aktiva und Passiva bis hin zum gegenseiti-
gen Ausgleich der einzelnen Klosterämter reichen konnten.
Trotz der in der Regel gut durchdachten Wirtschaftsorganisation der Einzel-
klöster und der - wie auch immer gearteten - Kontrollmechanismen, kam es
bereits am Ende des 12. Jahrhunderts vereinzelt zu Krisen, ein Phänomen, das
den Orden im späteren Mittelalter immer wieder heimsuchte. Das Beispiel der
reichen englischen Zisterzen zeigt, wie die Veränderungen externer Faktoren
immer größere Belastungen nach sich zogen, die bis hin zum wirtschaftlichen
Ruin führen konnten. Die bislang erfolgreiche Vermarktung auch zukünftiger
Wollerträge zog schwerwiegende Rückschläge nach sich, wenn die zugesagten
Mengen nicht geliefert werden konnten.67 Die Gründe für diese Entwicklung,
Entstehung und Wirtschaftsgeschichte des Klosters Heilsbronn bis zum Ende des 15. Jahr-
hunderts, Bonn 1955, S. 38-41.
66 Account-Book of Beaulieu Abbey, hg. von Hockey (wie Anm. 65), S. 46-51; Bruch, Die
Zisterze Kaisheim (wie Anm. 2), S. 46, 64; nur sporadisch scheinen die Äbte aufgefordert
worden zu sein, dem Generalkapitel Unterlagen zum wirtschaftlichen Zustand ihrer Häuser
vorzulegen, Peter King, The Finances of the Cistercian Order in the Fourteenth Century
(Cistercian Studies Series 85), Kalamazoo 1985, S. 11.
67 David Knowles, The Religious Orders in England, 3 Bde., Cambridge 1948-59, Bd. 1,
S. 68-73; James Eugene Madden, Business Monks, Banker Monks, Bankrupt Monks: The
English Cistercians in the Thirteenth Century, in: Catholic History Review 49, 1963,
S. 341-364, hier S. 360; Bauernfeind, Eigenwirtschaft und Grundherrschaft (wie Anm. 12),
S. 34-35; Burton, The Estates and Economy of Rievaulx Abbey (wie Anm. 24), S. 83-84,
90; Carville, The Economic Activities of the Cistercian Order in Medieval Ireland (wie
Anm. 42), S. 280-283; Graves, The Economic Activities of the Cistercians in Medieval
England (wie Anm. 42), S. 23, 32-45; McGuire, The Cistercians in Denmark (wie Anm. 9),
S. 258-261; Wolfgang Ribbe, Zur Ordenspolitik der Askanier. Zisterzienser und Landes-
 
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