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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0195
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Neue Kommunikationsformen im Bettelordenskonvent I 191

im Convent in Cremona erworben habe und zwar von Bruder Gabriel, einem
„bedeutenden Gelehrten und Heiligen des Ordens“ (pnagnus lector [...] et homo
sanctissime vite).25 Auch in dem irischen Liher Exemplorum, verfasst um 1274,
werden wiederholt Geschichten nach Erzählungen von Gästen im Konvent zi-
tiert. Bruder Peter aus Dänemark zum Beispiel war Visitator in Irland und ver-
mittelte bei dieser Gelegenheit seinen irischen Brüdern einen Einblick in die
Verhältnisse in seiner Heimat und die dort noch immer verbreiteten heidnischen
Gebräuche, Bruder Vincent von Burgund teilte den irischen Brüdern seine Er-
fahrungen als Kustos im Heiligen Land mit und Bruder Adam Habe erzählte
Geschichten von seinen Predigtreisen in England, wie dem Bürgermeister aus
dem Dörfchen Turvey der Teufel in Gestalt eines Untiers begegnet war. Mitte
des 14. Jahrhunderts kehrte George, ein süditalienischer Pilger, auf seiner Rück-
reise aus Nordirland im Konvent in Oxford ein, und erzählte den Brüdern alles
über seinen Besuch im Purgatorium des hl. Patrick in Lough Derg.
3. Kommunikation beim Aderlass. Die monastische Tradition des Aderlasses
wurde auch in den Konventen der Mendikanten gepflegt. Die Dominikaner
widmen dem Thema ein eigenes Kapitel in ihren Konstitutionen, viermal im
Jahr - im September, nach Weihnachten, nach Ostern und am Johannistag - darf
ein Bruder zur Ader gelassen werden. Thomas von Eccleston erwähnt den Ader-
lass im Franziskanerkonvent in Oxford mehrmals und zwar immer im Verbin-
dung mit Geschichten, die sich die Brüder in der Zeit des gemeinschaftlichen
Ruhens nach der Behandlung erzählten. Meist sind es lehrreiche Erzählungen
und es scheint, dass besonders konfliktreiche Themen beim Aderlass zur Spra-
che kamen, wie zum Beispiel die Regelung der Nachfolge in Ämtern oder Gene-
rationenkonflikte. Vielleicht bot gerade die Situation der kollektiven Schwä-
chung durch den Aderlass, die nötige Entspannung und Gelegenheit, Themen
mit hohem Konfliktpotenzial anzusprechen.
4. Die Beichte. Eine Standardsituation kommunikativer Interaktion im Kon-
vent. Hier wird die Funktion des Konvents als kommunikative Schaltzentrale
zwischen Konvent und Umwelt sehr anschaulich. Das Wissen um die Sünde,
Belange und Probleme der Menschen außerhalb des Konvents fanden über das
Ohr der mendikantischen Beichtväter Eingang in die Gemeinschaft. Trotz
streng formalisierter Gesprächsverläufe werden in der Beichte Handlungen
und persönliche Erfahrungen kommuniziert. Die Mendikanten in ihrer Dop-
pelfunktion als Beichtväter und Prediger, haben die in der Beichte gehörten
25 Salimbene de Adam, Cronica I (1168-1249), (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaeva-
lis 125), Turnhout 1998, S. 329.
 
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