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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0272
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268 I Henryk Anzulewicz

urkundlich nachweisbaren Wahrnehmungen von verantwortungsvollen Aufga-
ben, die Albert durch Päpste und Kaiser, Kirchenfürsten, unterschiedliche Insti-
tutionen des öffentlichen Lebens und Bürger aufgetragen wurden, belegen sein
Ansehen und seine Autorität. Hierzu zählen auch seine öffentlichen Disputatio-
nen auf dem Päpstlichen Hof in Gegenwart von Alexander IV. in Anagni, die
Ernennung zum Bischof von Regensburg durch denselben Papst und, nachdem
er vom Bischofsamt zurücktrat, seine Beauftragung durch Urban IV. mit der
Kreuzzugspredigt im deutschsprachigen Raum. Wie der letztgenannte Auftrag
von ihm wahrgenommen wurde und vor allem ob er die Kreuzzugsbestrebungen
Urbans IV. aus Überzeugung unterstützte, ist nicht bekannt; die Kreuzzugs-
pläne scheiterten. Sein eigentliches Anliegen dürfte jedoch vielmehr das fried-
liche Miteinander aller Menschen sein. Diese Haltung spiegelt sich sowohl in
seinem Verhältnis zum geistigen Erbe verschiedener Kulturen, Religionen und
Völker als auch in seiner Tätigkeit als Friedensvermittler wider.57 58 59
Alberts hohes Ansehen und wissenschaftliche Autorität brachten ihm nicht
nur Anerkennung und Ruhm, sondern sie riefen auch Widerspruch, Missgunst
und Neid hervor. Kritik und Unverständnis erfuhr er im eigenen Orden öfter. Als
Papst Alexander IV. Anfang 1260 Albert zum Bischof von Regensburg ernannte,
empfahl ihm der Ordensmeister Humbert von Romans eindringlich, das Amt
nicht anzunehmen. Er hätte ihn lieber auf der Totenbahre als auf dem Bischofs-
stuhl gesehen, schrieb der Ordensmeister in einem Brief an Albert.Dieser folgte
jedoch dem Papst, aber nach dessen Tod ein Jahr später (1261) gab er das Amt auf
und kehrte bald danach in den Orden zurück. Einige Privilegien, die ihm als Bi-
schof zustanden, darunter das Recht auf Privatbesitz und die freie Verfügung da-
rüber, behielt er auch nach seiner Rückkehr in den Orden. Sein schärfster zeitge-
nössischer Kritiker außerhalb des Predigerordens, der Franziskaner Roger Bacon,
warf ihm in neidvoller Klage vor, er habe seine Werke in ,autoritativer' Weise
verfasst und sich dadurch wie kein anderer im Philosophiestudium an der Pariser
Universität schon zu Lebzeiten ein außerordentliches Ansehen verschafft. Bacon
empörte sich, dass Alberts Lehrmeinungen in Paris so viel wie die von Aristoteles,
Avicenna, Averroes oder einer anderen anerkannten Autorität zählten.57
57 Vgl. Hugo Stehkämper, pro bono pacis. Albertus Magnus als Friedensmittler und Schieds-
richter, in: Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 23, 1977,
S. 298-382; Manfred Groten, Albertus Magnus und der Große Schied (Köln 1258). Aristo-
telische Politik im Praxistest (Lectio Albertina 12), Münster 2011.
58 Die deutsche Übersetzung des Schreibens ist bei Hugo Stehkämper (Bearb.), Albertus Ma-
gnus. Ausstellung zum 700. Todestag [Katalog]. Historisches Archiv der Stadt Köln, Sever-
instraße 222-228, 15. November 1980 bis 22. Februar 1981, Köln 1980, S. 71-72, abgedruckt.
59 Henryk Anzulewicz, Die theologische Relevanz des Bildbegriffs und des Spiegelbildmo-
dells in den Frühwerken des Albertus Magnus (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und
Theologie des Mittelalters, N.F. 53/11), Münster 1999, S. 285-286.
 
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