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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0295
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Warum Clunys Islamprojekt zunächst scheitern musste I 291

Lebzeiten nicht nur zeitweilig verschleppt und boykottiert, sondern nach sei-
nem Tod auch die Erinnerung an sein polemisch-apologetisches Gesamtwerk in
der Handschriftenüberlieferung und Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts
weitgehend auf die antihäretischen und antijüdischen Anteile reduziert. Zudem
wurden Verbreitung und Rezeption der Schriften des in Cluny verwahrten Ori-
ginals des Corpus Islamo-Christianum bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts
weitestgehend unterbunden.32
3. Die neuen Reformorden des 13. Jahrhunderts als Antwort auf
strukturelle Defizite in der Auseinandersetzung mit dem Islam?
Die Auseinandersetzung mit dem Islam ist nicht die Gründungsursache für
die neuen Reformordensbewegungen des frühen 13. Jahrhunderts, sie ist aber
ein wesentlicher Faktor für ihre permanente Anpassung und Verwandlung.
Weder steht am Anfang der Spiritualität des Franziskus die Muslimenmission
noch im Propositum des Dominikus die Kreuzzugspredigt.52 53 Gleichwohl lie-
gen die Ursachen für die weitere Ausformung des Reformmönchtums neuer
Prägung in der grundsätzlich unbewältigten inneren Krise der lateinischen
52 Die ältesten Kopien sind Paris, Bibliotheque nationale de France, Ms. lat. 3668, Südfrank-
reich, Mitte - 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts; Oxford, Corpus Christi College, Ms. 184,
Nordfrankreich (oder England), Mitte - 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts; Paris, Bibliotheque
nationale de France, Ms. lat. 3391, Nordfrankreich (oder England), 2. Hälfte des 13. Jahrhun-
derts; Oxford, Bodleian Library, Seiden supra, Ms. 31, Bury St. Edmunds, Ende des 13. Jahr-
hunderts; Paris, Bibliotheque nationale de France, Ms. lat. 3390, Nordfrankreich, 13. Jahr-
hundert; vgl. Matthias M. Tischler, Transfer- und Transformationsprozesse im
abendländischen Islambild zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert, in: Ulrich Köpp/Dieter R.
Bauer (Hgg.), Kulturkontakte und Rezeptionsvorgänge in der Theologie des 12. und
13. Jahrhunderts (Archa Verbi. Subsidia 8), Münster in Westfalen 2011, S. 329-379, hier S. 341.
53 Jedoch werden die Bilder sowohl des Franziskus als auch des Dominikus relativ rasch an die
neuen Herausforderungen der Muslimenmission angepaßt. Zu Franziskus vgl. Raoul Man-
selli (t), Francesco d’Assisi tra conversione del mondo cristiano e conversione del mondo
islamico. Un rapporto atipico?, in: Biancamaria Scarcia Amoretti (Hg.), La diffusione
delle scienze islamiche nel medio evo europeo. Convegno internazionale, Roma, 2-4 ottobre
1984 (Pubblicazioni della Fondazione Leone Caetani [20]), Roma 1987, S. 219-241; John [V.]
Tolan, Le saint chez le sultan. La rencontre de Franpois d’Assise et de Tislam. Huit siecles
d’interpretation (Lünivers historique), Paris 2007, S. 34-36 und 43-218; Andre Vauchez,
Frangois d’Assise. Entre histoire et memoire (Biographies), Paris 2009, S. 138f., 141-154 und
187-194. Zu Dominikus vgl. Müller, Bettelmönche (wie Anm. 51), S. 82-95; Achim Wesjo-
hann, Mendikantische Gründungserzählungen im 13. und 14. Jahrhundert. Mythen als Ele-
ment institutioneller Eigengeschichtsschreibung der mittelalterlichen Franziskaner, Domi-
nikaner und Augustiner-Eremiten (Vita regularis. Ordnungen und Deutungen religiösen
Lebens im Mittelalter. Abhandlungen 49), Berlin 2012, S. 347f. und 475-477.
 
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