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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0085
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84

II. Das Werk

nehmen überdies die für diese „verdienten“ Bienen entwickelten moralischen Leit-
linien ein, zu denen Keuschheit, Jungfräulichkeit und Reinheit gehören. Sowohl in
Bezug auf die Textlänge als auch die inhaltliche Varianz gehören die diesen Themen
gewidmeten Kapitel BUA 11,29-30, in denen Konzepte zu Weiblichkeit und Männ-
lichkeit eine zentrale Rolle spielen, zu den wichtigsten Erzählstücken des gesamten
Werkes.191 Sie verdeutlichen zugleich, dass in Buch II beträchtliche Unterschiede hin-
sichtlich der Kapitellänge ebenso wie der Dichte an belehrenden Exempeln oder zeit-
genössischen Geschichten bestehen, mit denen die jeweilige Kernaussage vermittelt
werden soll.
Das hochkomplexe und vielschichtige Bild der Bienengemeinschaft wird schließ-
lich durch die Einführung der natürlichen Gegenspieler der Bienen abgerundet, die
Thomas von Cantimpre in den letzten drei Kapiteln seines „Bienenbuchs“ als Figura-
tionen dämonischer Einflüsse auf den Menschen beschreibt. Neben Schwalben und
anderen Vögeln, welche den Bienen auflauern um sie zu töten (BUA 11,55-56), führt
Thomas im langen Schlusskapitel des „Bienenbuchs“ (BUA 11,57) die Gattung der
Wespen ein. „Ihre Spezies [...] wird durch die Gattung von drei Würmern gebildet,
nämlich Schaben, Hornissen und käferähnliche Würmer. Und unter ihnen bilden die
Dämonen eine vierte Gattung.“192
Dämonen spielen im gesamten „Bienenbuch“ eine bedeutende Rolle und erschei-
nen als Menschen ebenso wie in Gestalt hässlicher Tiere oder in Verbindung mit
Gewitterstürmen, Unwettern sowie Dunkelheit.193 Freilich ist eine solche Personifi-
zierung „böser Mächte“ als dämonische Wesen nicht neu und findet sich ähnlich auch
in anderen zeitgenössischen Werken wie dem Dialogus miraculorum des Caesarius
von Heisterbach (ca. 1180-1240) oder dem Liber revelationum des Richahn von
Schöntal (gest. 1219) (s. außerdem die Abbildungen in der französischen Prachthand-
schrift des „Bienenbuchs“ von 1372, Abb. 6-7).194
Thomas’ allegorische Ausdeutung der Dämonen ist jedoch besonders hinter-
gründig: Die Wespen erscheinen als Antipoden zu den Bienen, die durchweg als tu-
gendhafte Gemeinschaftswesen und als Vorbild für den Prediger und seine Hörer
191 Aus der umfassenden Forschung zu den Themenbereichen Keuschheit / Männlichkeit s. beispiels-
weise: The Palgrave Handbook of Masculinity, hg. Fletcher et.al., Cullum, Masculinity, Negotia-
ting clerical identities, hg. Thibodeaux sowie künftig Steckel/Kluge, Under pressure.
192 Thom. Cantimpr. BUA 11,57,1: Vesparum generi trium vermium species adiunguntur: blacte, crab-
rones atque stupestres. Et hiis quatuor demoniorum speciesfigurantur. Zur Gegnerschaft von Bie-
nen und Hummeln bzw. Bienen und Wespen s. Peil, Untersuchungen, S. 256-261.
193 Aus der Fülle der Literatur sei auf folgende Werke verwiesen: Goetz, Gott und die Welt 1,3 (Ge-
schöpfe), Boureau, Demons, Newman, Quest for Redemption, Newman, Possessed by the Spirit,
Wunderlich, Dämonen.
194 S. hierzu neuerdings Schmitt, Demons sowie Schmidt, Allgegenwart und Wagner, Teufel und
Dämonen. Zu Richalm von Schöntal s. künftig die Dissertationsschrift von Verena Schenk zu
Schweinsberg (Arbeitstitel: „Mönche, Visionen und Dämonen im mittelalterlichen Klosteralltag.
Das „Buch der Offenbarungen“ des Zisterziensers Richalm von Schöntal“).
 
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