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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0096
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II.4. Eine Region erzählen: Personen, Orte und Räume im „Bienenbuch'

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Querverweise im Werk hingewiesen, moralisch zurechtgewiesen oder ermahnt.226
Konsequenterweise wird das „Bienenbuch“ auch mit einer - freilich topisch anmu-
tenden - Bitte an den Leser beschlossen, für den Autor eine Messe lesen oder lesen
zu lassen; einmal mehr zeigt sich hier, dass schon Thomas von Cantimpre selbst sei-
nen Adressatenkreis nicht ausschließlich im geistlichen Milieu angesiedelt hatte.227
Ein weiteres Indiz für die Bedeutung von oralem Erzählgut im Bonum universale
de apibus ist der Umgang mit bzw. die Einbindung von Volkssprachen.228 Bekann-
termaßen ist die originale Fassung des „Bienenbuchs“ in lateinischer Sprache ab-
gefasst und erst später ganz oder in Teilen in Volkssprachen übertragen worden (s.
hierzu Kapitel III.2). Mit Blick auf die bedeutsame seelsorgerische Tätigkeit des Tho-
mas von Cantimpre und seine Reisen durch Frankreich, Flandern, Brabant und
Deutschland ist aber natürlich davon auszugehen, dass Thomas von Cantimpre mit
verschiedenen Sprachformen in Berührung kam.229 Tatsächlich finden sich im „Bie-
nenbuch“ verschiedene Hinweise auf die Unterscheidung von Latein und Vulgärspra-
che oder sogar die Wiedergabe von volkssprachlichen Worten oder Wendungen. Stets
geht es dabei um das Französische als „Alternativsprache“ zum Lateinischen.
Die Formen der Bezugnahme auf das Französische oder der Verwendung franzö-
sischer Phrasen unterscheiden sich jedoch beträchtlich. Neben eher beiläufigen Hin-
weisen darauf, dass in einem bestimmten Kontext (hier: Kloster) eine bestimmte
Sprache (hier: Latein) gesprochen wird,230 finden sich auch verschiedene Anmerkun-
gen zur Bezeichnung eines bestimmten Wortes in der anderen Sprache. Diese variie-
ren von der konkreten Nennung einer bestimmten Vokabel bis zur Angabe einer spe-
zifischen Sprachform.231 Einen Sonderfall bildet hierbei BUA 1,7,2 und die im Druck
von Colvenerius überlieferte Fassung dieses Kapitels: In der Geschichte über einen
zu prachtvoll gekleideten Abt verweist Thomas besonders auf dessen Kleidung. So
trüge der Abt einen Mantel, „den die Franzosen ,Hund‘ nennen.“ In der Fassung
226 Als Beispiel für Querverweise s. Thom. Cantimpr. BUA 11,49,21 mit einem Verweis auf ebd.,
11,57,4: Huius exempli multo terribiliorem eventum in huius libri ultimo capitulo ubi agitur de
insidiis demonum, diligens lector inveniet. Als Beispiels für Ansprachen s. ebd., 11,29,2 (Qbserva,
lector, quam notabiliter dicat).
227 S. Thom. Cantimpr. BUA 11,57,69. Zur Provenienz der Exemplare des „Bienenbuchs“ als Indiz für
dessen Rezipientenkreise s. Kapitel III.2.
228 Grundlegend hierzu: Monfrin, Uexemplum medieval.
229 Zu Latein als Sprache im Kloster s. die differenzierten Befunde bei Barrau, Did Medieval Monks.
230 S. Thom. Cantimpr. BUA 1,7,6, wo betont wird, dass jemand in einem Kloster Lateinisch spricht
(Hie cum die quadam aquam manibus sumeret et manutergium coram eo magnates quidam ex ut-
raqueparte tenerent, facta est vox ad eum huiuscemodi dicens et hoc latinis verbis: Quarepannus
ante pannosum?).
231 S. hierzu Thom. Cantimpr. BUA 1,11,3 mit einer „Vokabelangabe“ (Dixit autem mihi, quod descen-
sus notularum in ipso cantu, quos avalleies gallice dicimus, tante melodie et tante dulcedinis exis-
tebant, quod nisi eum Deus ad vitam aliter ordinasset, fere eins animam extra corpus sine reditu
rapuissent.) oder ebd. 11,30,45 mit dem Hinweis auf die spezifische Form im Französischen (Quod
ubi quedam soldaria, ut gallice vocantur tales ...).
 
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