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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0147
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III. Die Rezeptionsgeschichte

Sprache und Geschlecht zeigt sich eine Analogie: Während deutlich mehr Überliefe-
rungsträger von Exzerpten als Vollfassungen in Frauenkonventen entstanden, bieten
alle diese Exemplare die Auszüge in Volkssprachen.147 Im Unterschied zur Überliefe-
rung der vollständigen Textversionen lassen sich für die Codices mit „Bienenbuch“-
Exzerpten immerhin drei weibliche Schreiberinnen nachweisen.148
Bei den Handschriften, in denen Exzerpte aus dem Bonum universale de apibus
nachgewiesen werden konnten, handelt es sich in der Regel um Sammelhandschrif-
ten mit Auszügen aus Predigtwerken, Ordensregeln, mystischen, hagiographischen
oder belehrenden Texten. Obgleich bestimmte Autorennamen wie Caesarius von
Heisterbach, Jacob von Voragine oder Heinrich Sense immer wieder in den Sammel-
handschriften auftauchen, konnte eine valide statistische Verortung aufgrund unein-
heitlicher Bezeichnungen bislang nicht erarbeitet werden. Rathmann charakterisiert
den Bestand der Überlieferungskontexte allerdings als „Standardkanon erbaulich-
monastischer Schriften“.149
Die entsprechenden Codices waren mehrheitlich als Gebrauchsbücher für die Pre-
digt oder die Ordnung des innerklösterlichen Lebens bzw. die Unterweisung und
Erbauung von Religiösen angelegt - analog zur Überlieferung des Gesamttextes spie-
gelt sich darin der im Widmungsbrief von Thomas von Cantimpre formulierte An-
spruch, ein Predigthandbuch vorzulegen.150 Ausdrücklich ist beispielsweise in einer
Sammelhandschrift, die Ende des 15. Jahrhunderts im Kölner Kreuzherrenkonvent
entstand, vermerkt, dass die beinhaltete Kompilation für die Lesung vor Gästen im
klösterlichen Refektorium gedacht war.151
147 Es handelt sich um Handschriften der Reuerinnen aus Straßburg (Berlin, Staatsbibliothek zu
Berlin - Preußischer Kulturbesitz, cod. mgf 863), der regulierten Frauen aus Brüssel (Bruxelles,
Bibliotheque royale de Belgique, cod. 1683-87), der Zisterzienserinnen aus Trier (Trier, Stadtbib-
liothek, cod. 2017/660 oct.) sowie der Regularkanonissen aus Amersfoort (Utrecht, Universitäts-
bibliothek, cod. 3. L. 6.). S. hierzu Rathmann, Dominikanische Exempelschriften, S. 26-27. Zur
Bedeutung von Frauenklöstern, insbesondere der Reformbewegung des 15. Jahrhunderts, für die
Produktion von Handschriften s. Winston-Allen, Making Manuscripts.
148 Bruxelles, Bibliotheque royale de Belgique, cod. 1683-87: geschrieben von Lijsbeth Mols in Brüs-
sel im 16. Jh.; Bruxelles, Bibliotheque royale de Belgique, cod. II 2454: 1463 geschrieben von
Schwester Waltraud im Kloster Sint-Luciendael bei St. Truiden; Freiburg, Universitätsbibliothek,
cod. EA 27: geschrieben von einer namenlosen Schreiberin im Dominikanerinnenkloster Zolin-
gen. S. Rathmann, Dominikanische Exempelschriften, S. 28.
149 Zu den Autoren, mit deren Texten Exzerpte aus dem „Bienenbuch“ besonders häufig überliefert
wurden, gehören Bernhard von Clairvaux, Caesarius von Heisterbach, Jacob von Voragine, Hein-
rich Seuse, Elisabeth von Schönau, Augustinus, Thomas von Aquin, Seneca, Gert Groote, Nicolaus
von Dinkelsbühl, Gerardus von Vliederhoven, Hieronymus, Gregorius, Thomas a Kempis, Hum-
bert de Romanis und Bonaventura. Rathmann, Dominikanische Exempelschriften, S. 34-37, Zitat
S. 36.
150 Ausführlich hierzu Rathmann, Dominikanische Exempelschriften, S. 35-36. S. außerdem Kapi-
tel II.3.1.
151 Köln, Historisches Archiv der Stadt Köln, cod. GB quart. 216, fol. Ir: Collationes teutonicalespro
hospitibus in refectorio iuxta exigentiam legende compilate per fratrem Henricum d. o. conven-
 
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