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Burkhardt, Julia; Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Analyse und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.56852#0187
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IV. Die Edition

„längeren“ Fassung, der „grünen“ und der „roten“ Gruppe sind in den neuen Dendro-
grammen gleichfalls zu erkennen (vgl. Anhang 7.3. und 7.4.).
Für die Ausgabe des „Bienenbuchs“ hat sich die automatisierte stemmatologische
Textanalyse somit als hilfreiches Verfahren erwiesen. Dank der Kombination aus
computerbasierter und textkritischer Untersuchung gelang es, eine überliefe-
rungs-orientierte Herangehensweise in ein valides Konzept zu übersetzen. Entschei-
dend dabei war, dass die textkritischen Befunde den Ergebnissen der automatisch
erstellten Dendrogramme nicht entgegenliefen, sondern sich mit ihnen deckten. Das
computerbasierte Verfahren erlaubte es, einen umfassenden Text- und Überliefe-
rungsbestand handhabbarer zu gestalten und so potentielle Kandidaten für die Editi-
on ebenso wie mögliche Gruppenzusammenhänge gezielter in den Blick zu nehmen.
Gleichzeitig erwies sich eine ergänzende Aufschlüsselung der Besonderheiten von
Text und Struktur der jeweiligen Codices als unerlässlich.
IV.2.5. Gruppenspezifika am Beispiel der „roten“ Gruppe
Gerade mit Blick auf die reiche und vielseitige Überlieferungsgeschichte des „Bienen-
buchs“ (vgl. hierzu Kapitel III) stellt sich die Frage nach der Wechselbeziehung von
Texttradition und Entstehungskontext besonders nachdrücklich: Lassen sich die vor-
nehmlich textuell definierten Zusammenhänge inhaltlich mit dem Entstehungskontext
der jeweiligen Handschriften in Verbindung bringen? Oder knapper formuliert: wo-
durch zeichnen sich die stemmatologischen Überlieferungsgruppen konkret aus?
Diese Fragen lassen sich am Beispiel der „roten“ Gruppe besonders gut beantwor-
ten. Den Kernbestand dieser Gruppe bilden die Handschriften Ml, M2, M3, M4, W4,
(W6), W7 und W8, die alle im 14. und 15. Jahrhundert in Bayern, Böhmen oder Ös-
terreich angefertigt wurden.56 Ergänzend zur computerbasierten Analyse legt auch
ein Vergleich der Kapitelstrukturen einen Zusammenhang dieser Codices nahe.
Während Ml bis M4 eine nahezu identische Binnenstruktur aufweisen, ist unter ih-
nen die Struktur von Ml und M2 besonders ähnlich; dies gilt auch für W4 und W8.
Das wohl stärkste Argument für die Identifizierung als Gruppe findet sich jedoch am
Ende der jeweiligen „Bienenbuch“-Fassung: Während die Mehrheit der meisten
Codices mit denselben Worten endet {et regnat deus per omnia secula seculorum.
Amen), folgt in den Handschriften der „roten“ Gruppe auf den Haupttext ein zusätz-
liches Gebet {Benedictus sit dominus . . .). Es findet sich aber nicht nur im Kernbestand
dieser Gruppe, sondern in insgesamt 18 Handschriften.57 Untersucht man diesen

56 W6 nimmt in dieser Gruppe eine Sonderstellung ein: die Handschrift beinhaltet nur Buch I des
Bonum universale de apibus.
57 Zu dieser Gruppe gehören folgende Codices: Ml, M2, M3, M4, W4, W7, W8 (= „rote“ Gruppe), LI,
Wl, Bl Prl, Pr2, Pr4, Wrl, Wr2, Wr3, La, W2.
 
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