5
10
15
20
25
BUA 11,3
263
und lasst ihn Weggehen!“ Warum also befreit mich nicht der Stellvertreter
Petri, der Papst? Wohlgesprochen und wir bestreiten auch nicht, dass er,
wenn er befreit, auch selbst befreit wird. Siehe aber, ob du dem, der den
Dispens erteilt, auch einen richtigen und verpflichtenden Grund gezeigt
hast. Andernfalls handelt es sich nicht um einen Dispens, sondern um eine 5
Verschleuderung.4 Es ist nämlich auch nicht recht, zu glauben, dass der
Vater einer so großen Lenkung irgendetwas von solchen Dingen ohne
vernünftigen Grund tut, obwohl man glaubt, dass dies vielleicht weniger
gerecht geschieht. Diesem ist gewiss, wie auch dem Paulus, „alles erlaubt,
aber nicht alles nützt ihm.“ 10
[5] Gemäß diesem Sinnspruch wollten sich diejenigen äußerst schamlos
schmeicheln, die gesagt haben, dass ihnen alle Dinge erlaubt seien, die im
gesatzten Recht verboten sind, unter die sie auch die Simonie zählen, die
jedoch die Schriften des Neuen und Alten Testaments für unerlaubt und
geächtet halten. Gehasi und seinem Stamm haftete die Lepra an, als Elisa 15
dies verkündete. Die Verwünschung des Apostels Petrus verdammte Simon
mitsamt seinem Geld. Diese Frage betreffend verlangte ein gewisser
Kirchenoberer vom ehrenwerten Magister Guiard, Bischof von Cambrai,5 in
Lyon, wo die päpstliche Kurie gehalten wurde,6 ironisch zu wissen:
„Glaubst du, Bruder Bischof, dass der erhabenste Pontifex, der Papst, sich 20
der Simonie schuldig machen kann?“ Und jener, durch seine kühne Miene
Aufmerksamkeit erregend, antwortete: „Ich glaube es nicht, heiliger Vater,
ja vielmehr weiß ich ganz sicher, dass der Papst dies schlimmer tun kann als
ich oder irgendwer auf der Welt. Und solltest du dies bezweifeln oder
vielleicht sogar verleugnen, so werde ich es dir durch das Alte und das Neue 25
Testament beweisen.“ Nachdem diese Worte vernommen worden waren,
brachte der Verleumder keine Schmähungen mehr vor, sondern verstummte
sofort, als sei er durch das Wort gefangen, sicher, dass der Mann durchaus
geeignet war, die ganze Regel der Wahrheit zu beweisen.
4S. dazu bereits Thom. Cantimpr. BUA 1,18,1. | Vruiard (1170/80-1248), Bischof von Cambrai.
S. für weitere Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,4,4. | ^Offenbar wird hier auf das erste
Konzil von Tyon Bezug genommen, das am 3. Januar 1245 von Innozenz IV. einberufen worden
war und im Juni Juli 1245 zusammentrat. S. hierzu KIRSCH, Das allgemeine Konzil, S. 204-241.
10
15
20
25
BUA 11,3
263
und lasst ihn Weggehen!“ Warum also befreit mich nicht der Stellvertreter
Petri, der Papst? Wohlgesprochen und wir bestreiten auch nicht, dass er,
wenn er befreit, auch selbst befreit wird. Siehe aber, ob du dem, der den
Dispens erteilt, auch einen richtigen und verpflichtenden Grund gezeigt
hast. Andernfalls handelt es sich nicht um einen Dispens, sondern um eine 5
Verschleuderung.4 Es ist nämlich auch nicht recht, zu glauben, dass der
Vater einer so großen Lenkung irgendetwas von solchen Dingen ohne
vernünftigen Grund tut, obwohl man glaubt, dass dies vielleicht weniger
gerecht geschieht. Diesem ist gewiss, wie auch dem Paulus, „alles erlaubt,
aber nicht alles nützt ihm.“ 10
[5] Gemäß diesem Sinnspruch wollten sich diejenigen äußerst schamlos
schmeicheln, die gesagt haben, dass ihnen alle Dinge erlaubt seien, die im
gesatzten Recht verboten sind, unter die sie auch die Simonie zählen, die
jedoch die Schriften des Neuen und Alten Testaments für unerlaubt und
geächtet halten. Gehasi und seinem Stamm haftete die Lepra an, als Elisa 15
dies verkündete. Die Verwünschung des Apostels Petrus verdammte Simon
mitsamt seinem Geld. Diese Frage betreffend verlangte ein gewisser
Kirchenoberer vom ehrenwerten Magister Guiard, Bischof von Cambrai,5 in
Lyon, wo die päpstliche Kurie gehalten wurde,6 ironisch zu wissen:
„Glaubst du, Bruder Bischof, dass der erhabenste Pontifex, der Papst, sich 20
der Simonie schuldig machen kann?“ Und jener, durch seine kühne Miene
Aufmerksamkeit erregend, antwortete: „Ich glaube es nicht, heiliger Vater,
ja vielmehr weiß ich ganz sicher, dass der Papst dies schlimmer tun kann als
ich oder irgendwer auf der Welt. Und solltest du dies bezweifeln oder
vielleicht sogar verleugnen, so werde ich es dir durch das Alte und das Neue 25
Testament beweisen.“ Nachdem diese Worte vernommen worden waren,
brachte der Verleumder keine Schmähungen mehr vor, sondern verstummte
sofort, als sei er durch das Wort gefangen, sicher, dass der Mann durchaus
geeignet war, die ganze Regel der Wahrheit zu beweisen.
4S. dazu bereits Thom. Cantimpr. BUA 1,18,1. | Vruiard (1170/80-1248), Bischof von Cambrai.
S. für weitere Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,4,4. | ^Offenbar wird hier auf das erste
Konzil von Tyon Bezug genommen, das am 3. Januar 1245 von Innozenz IV. einberufen worden
war und im Juni Juli 1245 zusammentrat. S. hierzu KIRSCH, Das allgemeine Konzil, S. 204-241.