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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0630
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BUA 11,30

625

[19] Die Bienen der Gläubigen und vornehmlich der klösterlich Lebenden
sollen daher zusehen, dass sie sich untereinander nicht im Beischlaf
vereinigen. Man liest nämlich, dass zur Zeit Noahs eine große Sintflut „die
Erde überzog“, weil sich „die Söhne Gottes mit den Töchtern der
Menschen“ vereinigten. Und siehe, was bald geschieht, wenn sich die Söhne 5
Gottes nicht mit den Töchtern der Menschen, sondern auch mit den
Töchtern Gottes, was schwerwiegender ist, die religiösen Männer also mit
den religiösen Frauen vereinigen. Ach, wir haben dies häufig gesehen, dass
gemäß dem Wort des Apostels einige „im Geist“ angefangen haben und es
„im Fleisch“ zu Ende gebracht haben. Einige wollten auch - und hoffentlich 10
auf gute Weise! - geistliche Töchter machen und haben diese später zu
Beischläferinnen gemacht. Und umgekehrt wollten einige Frauen aus
Männern geistliche Söhne machen, entwickelten sich später zu leiblichen
Müttern und gebaren von geistlichen Söhnen leibliche Söhne.
[20] In Bezug auf den Beischlaf solcher Menschen also wollen wir sehen, 15
was mir eine hochheilige Äbtissin des Zisterzenserordens berichtete und
was sich gerade zu meiner Zeit in Burgund ereignete. Ein gewisser Priester,
der nur dem Namen nach heilig und keusch war, trug unter dem Schein der
Religiosität Sorge für eine gewisse junge Nonne eines erhabeneren Ordens.
Als sich zufällig die Gelegenheit ergab, besuchte die junge Nonne den 20
Priester mit einer älteren Gefährtin. Nach köstlichen Speisen und maßlosen
Getränken legten sich die Nonnen an einem Ort, der Priester aber an einem
anderen Ort zur Ruhe. Als also der Morgen gekommen war, bemühte sich
die alte Nonne ihre junge Gefährtin zur Ausübung der Matutin
aufzuwecken. Als sie es zunächst mit einem Geräusch, weil sie Stille hielt, 25
und dann mit Klopfen versucht und nichts bewirkt hatte, stand sie auf,
suchte ihre Gefährtin und fand sie nicht. 11 Verblüfft betrat sie daher das Gemach
des Priesters und fand beide, den Priester und die Nonne, im Bett liegen: Sie waren beim
 
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