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BUA 11,30
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Bruder, der mir dies erzählte, am folgenden Tag reuig die Beichte ab. Und
sie lebte danach auf lobenswerte Weise.
[39] So aber wie wir über die Kupplerinnen gesprochen haben, die Mädchen
prostituieren, sprechen wir auch über die Ehebrecher, die die Ehefrauen
ihrer Nächsten verunreinigen. Weshalb ist es gemäß den bürgerlichen 5
Gesetzen nicht festgelegt, dass ein solch verabscheuenswertes Verbrechen
bestraft wird? Wie übel und wie schimpflich es ist, hat der allmächtige Gott
an einem gewissen Ritter in Deutschland gezeigt.
[40] Dieser stand einmal in der Stille der Nacht von der Seite seiner Ehefrau
auf und ging, nachdem er eine Schandtat mit einer anderen begangen hatte, 10
im Mondschein nach Hause zurück. Als seine Frau aus der Feme das
Gesicht des durch das Fenster Eintretenden betrachtete, schrie sie erschreckt
auf. Auf ihr Geschrei hin liefen die Mägde und Diener des Hauses herbei
und schrien beim Anblick des Herrn bald auf, als seien sie durch den
Anblick eines Dämons verstört. Als dies der Ritter sah, erkannte er, dass 15
sein Gesicht von seiner eigentlichen Gestalt abgewichen und dass es durch
ein göttliches Urteil entsprechend der Sündhaftigkeit des schandhaften
Vergehens mit Schmach versehen war. Also versteckte er sich bis zum
Morgen und eilte zur Kirche, um sich durch die Beichte vor dem Priester die
Wiedererlangung des eigenen Gesichtes zu verdienen. Als ihm in der Feme 20
die Kühe und Schafe des Dorfes entgegenkamen, die weiter zum Weideland
gingen, ließen sie bald ein schreckliches Brüllen erklingen. Und alle Tiere
flohen, wie von einem plötzlich drohenden Donnerschlag zurückgetrieben,
wohin sie nur konnten. Dasselbe taten die Hirten und wer auch immer ihm
entgegenkam. Der Priester aber, der am Eingang der Kirche saß, um die 25
Stundengebete zu sprechen, bekreuzigte sich, kaum dass er jenen sah, betrat
die Kirche und schloss die Tür hinter sich. Daraufhin warf sich der Ritter
vor der Pforte der Kirche nieder und sagte: „Erbarme dich, heiliger Vater,
erbarme dich des elendesten Sünders. Ich bin nicht jener, als der ich
erscheine, sondern mir ist dies durch die Ausübung meiner Sünden 30
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Bruder, der mir dies erzählte, am folgenden Tag reuig die Beichte ab. Und
sie lebte danach auf lobenswerte Weise.
[39] So aber wie wir über die Kupplerinnen gesprochen haben, die Mädchen
prostituieren, sprechen wir auch über die Ehebrecher, die die Ehefrauen
ihrer Nächsten verunreinigen. Weshalb ist es gemäß den bürgerlichen 5
Gesetzen nicht festgelegt, dass ein solch verabscheuenswertes Verbrechen
bestraft wird? Wie übel und wie schimpflich es ist, hat der allmächtige Gott
an einem gewissen Ritter in Deutschland gezeigt.
[40] Dieser stand einmal in der Stille der Nacht von der Seite seiner Ehefrau
auf und ging, nachdem er eine Schandtat mit einer anderen begangen hatte, 10
im Mondschein nach Hause zurück. Als seine Frau aus der Feme das
Gesicht des durch das Fenster Eintretenden betrachtete, schrie sie erschreckt
auf. Auf ihr Geschrei hin liefen die Mägde und Diener des Hauses herbei
und schrien beim Anblick des Herrn bald auf, als seien sie durch den
Anblick eines Dämons verstört. Als dies der Ritter sah, erkannte er, dass 15
sein Gesicht von seiner eigentlichen Gestalt abgewichen und dass es durch
ein göttliches Urteil entsprechend der Sündhaftigkeit des schandhaften
Vergehens mit Schmach versehen war. Also versteckte er sich bis zum
Morgen und eilte zur Kirche, um sich durch die Beichte vor dem Priester die
Wiedererlangung des eigenen Gesichtes zu verdienen. Als ihm in der Feme 20
die Kühe und Schafe des Dorfes entgegenkamen, die weiter zum Weideland
gingen, ließen sie bald ein schreckliches Brüllen erklingen. Und alle Tiere
flohen, wie von einem plötzlich drohenden Donnerschlag zurückgetrieben,
wohin sie nur konnten. Dasselbe taten die Hirten und wer auch immer ihm
entgegenkam. Der Priester aber, der am Eingang der Kirche saß, um die 25
Stundengebete zu sprechen, bekreuzigte sich, kaum dass er jenen sah, betrat
die Kirche und schloss die Tür hinter sich. Daraufhin warf sich der Ritter
vor der Pforte der Kirche nieder und sagte: „Erbarme dich, heiliger Vater,
erbarme dich des elendesten Sünders. Ich bin nicht jener, als der ich
erscheine, sondern mir ist dies durch die Ausübung meiner Sünden 30