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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Edition mit Übersetzung Auctoritates und Anhänge — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65332#0116
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Autoritäten - Fol. 44v

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und am meisten unter denen, die in den Erbteil Gottes erwählt worden sind,
das heißt den Klerikern. So wie in der Apostelgeschichte gelesen wird: Die
Menge der Gläubigen war ein Herz und eine Seele.
[fol. 45r] Papst Urban II.140:141 Alle, die in einem Konvent leben, haben, 5
auch wenn sie noch kein Gelübde über den Verzicht auf Eigenbesitz
abgelegt haben, dennoch die gemeinschaftliche Lebensweise angenommen,
weil sie nach dem Vorbild derer, die alles gemeinschaftlich ohne
Eigenbesitz besaßen, zusammengekommen sind. Alle Konvente und
besonders die Kanonikerstifte sind fürwahr eingerichtet nach dem Vorbild 10
der Urkirche, über die geschrieben steht: Die Menge der Gläubigen war ein
Herz und eine Seele. Deswegen legte jeder darauf ein Gelübde ab, nichts zu
besitzen und gab seine Besitztümer auf, um Teil dieser Menge zu werden, in
der niemand etwas als Eigentum besitzen darf, sondern, wie Augustinus
sagt, wenn sie vielleicht etwas als Eigentum besitzen, ist es niemandem 15
erlaubt. Außerdem gelobte er, wie es allgemeiner Brauch ist in allen
Kirchen, notwendigerweise besonders Gehorsam, empfing in die Hand vom
Vorsteher der Gemeinschaft die Regel, empfing die Weisungen der
Evangelien und der Apostel, von denen er einige mit allen Christen
gemeinsam hatte, einige eigentümlich und besonders für seinen Stand 20
waren, all dies in einem Band, das heißt in einem Ganzen zusammengefasst.
Wer nämlich könnte all jenes aufzählen und ihn über die einzelnen Punkte
fragen, ob er gehorchen wolle? Das Ganze also empfing er einmal zugleich
in die Hand, gelobte, in jeder Hinsicht zu gehorchen und es nach seinem
Können und Wissen in die Tat umzusetzen und er nahm dabei nicht aus. 25
Aber weshalb empfing er die Regel in die Hand wie einer, der sie in die Tat
umsetzen wird? Natürlich, damit er dieser gehorche, indem er gemäß den in
ihr niedergeschriebenen Weisungen lebt und den Hirten gehorcht, nicht
gemäß deren neuen und verbotenen Anmaßungen, sondern gemäß den alten

14°) Urban II., Papst (1088-1099) (s. fol. lOv, Anm. 20). | 141> Das vorliegende Privileg Urbans
II. über den Stand der Regularkanoniker ist in der Forschung weitgehend unbekannt und bisher
nur bei Fuhrmann (auf Basis einer Admonter Handschrift) ediert (FUHRMANN, Papst Urban II,
S. 42-44 Nr. 4). Da anzunehmen ist, dass Gerhoch sich dieses Textes in der Admonter
Bibliothek bedient hat, werden daher im Folgenden auch die Varianten der Admonter
Handschrift, Cod. 257 angegeben. Vgl. hierzu TeilbandI, Einleitung, Kap. 3.1.
 
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