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Frahm, Eckart; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 3): Historische und historisch-literarische Texte — Wiesbaden: Harrassowitz, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.32131#0113
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Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

Bemerkungen:

Die Zuweisung des vorliegenden Fragments, das Reste eines bemerkenswerten Einleitungspassus, den Beginn eines singulären
Annalenberichts und einen eigenartigen Jagdbericht enthält, muß im wesentlichen anhand der Angaben erfolgen, die der Text zu den
kriegerischen Aktionen des ersten Regiemngsjahres seines anonymen königlichen Urhebers macht. Der fragliche Feldzugsbericht
schildert zunächst einen Angriff auf die Städte Atkun und Ushi, um anschließend von einer Attacke gegen das in deren Nähe gelegene
Land Qumeni und die Stadt Kipsüna zu berichten. Die auffälligsten Entsprechungen zu dieser Darstellung finden sich in Inschriften
Adad-närärls II. und Assurnasirpals II.

Nach Ausweis von RIMA 2, 99.1, Vs. 8-20 zog auch Adad-närärl II. während seines Akzessions- bzw. ersten Regiemngsjahres (wie
in VAT 10329+ ina surrät sarrütija ina mahre paleja) nach Qumeni (anders als in VAT 10329+ KUR Qu-ma-ne-e geschrieben). Von
Atkun und Ushi ist nicht die Rede, doch ist zu bemcksichtigen, daß der Feldzugsbericht nach Z. 20 abbricht.

Die Annalen Assurnasirpals II. (RIMA 2,101.1) erwähnen zwar nicht Qumeni, verzeichnen jedoch, daß der König in der Anfangsphase
seiner Herrschaft (101.1, i 43f.: ina surrät sarrütija ina mahre paleja), freilich erst nach einigen anderen Kriegstaten, gegen Atkun
und Ushi sowie gegen Pilazi zog, die besagten, am Fuße des Nipur-Gebirges (dem Judi-Dagh-Massiv) gelegenen Städte eroberte und
sie - so wie es auch der vorliegenden Text schildert - in Brand setzte (101.1 i 70-72: ana äläni sa sep Nipur u Pasate sade dannUti /
saknU lü allik umAt-ku-un umUs-hu Pilazi 20 äläni sa UmetJsunu aksud./ äläni ina isäti asrup).

Kipsüna, das mit einiger Gewißheit mit dem 15 km nordöstlich von Zäho gelegenen heutigen Gefse zu identifizieren ist (s. K.
Kessler, Untersuchungen zur historischen Topographie Nordmesopotamiens, 170; RIA 5,587f.), wird weder in den bislang bekannten
Inschriften Adad-närärls II. noch denjenigen Assurnasirpals II. erwähnt. Die Stadt, einst von Tiglatpileser I. erobert (RIMA 2, 87.1,
vi 23f.) und zwischenzeitlich offenbar von neuem unabhänigig geworden, ist nach bisheriger Beleglage erst wieder unter Salmanassar
III. bezeugt, auf dem Jahalu-Würfel, auf dem sie, nunmehr dem assyrischen Staat einverleibt, vor Qumeni genannt wird (RIMA 3,
102.2003, Z. 10).

Der vorliegende Text scheint also die bislang nicht dokumentierte Wiedereroberung Kipsünas durch einen assyrischen König des
10. oder 9. Jahrhunderts v. Chr. zu schildern. Am ehesten dürfte es sich bei diesem König um Adad-närärl II. handeln, nicht nur aus
den bereits genannten Gründen, sondern auch, weil sich in einer Inschrift desselben ein Passus findet, der auffällige Parallelen mit
dem Jagdbericht unseres Textes aufweist (siehe die nachstehenden Bemerkungen zu Rs. i’ (= iv)). Doch auch eine Urheberschaft
Assurnasirpals II. oder eines anderen Königs der assyrischen „Reconquista"-Periode bleibt vorerst im Bereich des Möglichen.

Vs. i 1 ’-5’: Wenn die hier gebotenen Lesungen und Ergänzungen, die z. T. als tentativ gelten müssen, gmndsätzlich korrekt sind, wäre
der Einleitungspassus unseres Textes innerhalb des Korpus der assyrischen Königsinschriften singulär. Der Passus scheint
in den Zeilen 3’-5’ einem im Prekativ der 3. Ps. Sg. angesprochenen prospektiven Leser nahezulegen, dem Text seine ganze
Aufmerksamkeit zu schenken und die darin geschilderten königlichen Taten genau zu studieren. Solche Aufforderungen, hier
in der Art eines Proöms präsentiert, finden sich sonst nur am Schluß von Königsinschriften.

2’: Subjekt dieses Satzes ist offenbar der König.

3’: Vielleicht ist auch MU.SAR-r]a-a-ia zu ergänzen - wenn denn die Vermutung, daß hier von einer Inschrift die Rede ist,
wirklich zutrifft.

4’: Die Lesungen sind unsicher.

5’: Nach -i]a ist eventuell rir- rna'-si-qa „möge auswählen" zu lesen, dies bleibt jedoch hypothetisch.

6’: ina Umesuma ist ergänzt nach der Salmanassar IIL-Inschr'ift RIMA 3, 102.1, Z. 14: ina Umesuma ina surrät sarrütJja ina
mahre paleja. Bei Adad-närärl II. findet sich ebenso wie bei Assurnasirpal II. die Formulierung: ina surrät sarrütJja ina
mahre paleja (Belege s. o.).

8’: Vgl. die Adad-närärl Il.-Inschrift RIMA 2, 99.1, Z. 10: S^GIGIR.MES ERIM.HLA.MES-/rt ad-ke\ die Phrase ist auch sonst
des öfteren belegt (z. B. RIMA 2,101, i 45), doch ist beachtenswert, daß sie in 99.1 in genau der gleichen Schreibung geboten
wird wie im vorliegenden Text.

9’: Die m. W. einzige andere Stelle, die das Wort karru in einer Landschaftsbeschreibung gebraucht - für Städte, die unweit
von Ulluba und damit in unmittelbarer Nähe zu den hier genannten lagen -, ist Tiglatpilesers III. „Summary Inscription 9“,
Vs. 8’: äläni sa sepe kar-ri sadi aksud\ siehe H. Tadmor, The Inscriptions of Tiglath-pileser III, 182f. Man vergleiche die
Beschreibung der geographischen Lage von Atkun und Ushu in RIMA 2,101.1, i 70f.

11 ’: Ganz ähnlich heißt es in der Adad-närärl IL-Inschrift RIMA 99.2, Z. 43: däm qurädJsu seru lü asrup „Ich färbte fürwahr mit
dem Blut seiner (Nür-Adads) Recken die Steppe rot.“

12’: Man vergleiche die Formuliemngen ina iJt kis-su-ti-ia su-tür-ti (RIMA 1,78.5, Z. 36f„ Tukultl-Ninurta I.), [ina ki]s-su-ti-ia
su-tu-ru-ti (RIMA 2,100.5, Z. 9, Tukultl-Ninurta II.) und tanatti kis-sü-ti-a su-tu-ur-te (RIMA 2,101.1, ii 5f„ auf ein Abbild
des Königs geschrieben, Assurnasirpal II.).

Vs. ii 5’: Da diese Zeile, wie dem nachfolgenden Strich zu entnehmen ist, das Ende eines Feldzugs beschreibt, ist vielleicht a-[na älija
Assur ubla] „[Ich brachte (die Beute)] in [meine Stadt Assur]“ (o. ä.) zu ergänzen. Dies bleibt jedoch unsicher.

6’: i+n[a ist ein wenig nach links verschoben, was ebenso wie der voranstehende Strich zeigt, daß hier ein neuer Abschnitt
beginnt. Vermutlich wird ein weiterer Feldzugsbericht mit einer Zeitangabe eingeleitet.

Rs. i’ (= iv): Der hier in Resten erhaltene Jagdbericht weist Anklänge an die Zeilen 122-27 der Adad-närärl Il.-Inschrift RIMA 2,99.2
auf.
 
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