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Frahm, Eckart; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 3): Historische und historisch-literarische Texte — Wiesbaden: Harrassowitz, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.32131#0162
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Nr. 76

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Prestiges, das darin zum Ausdmck kommt, daß mehrere assyrische Herrscher die Namen Samsl-Adad und Isme-Dagän annahmen und
assyrische Königsinschriften an die frühere Bautätigkeit Samsl-Adads I. und Isme-Dagäns I. (siehe RIMA 1,62.1) erinnerten.

Es gibt eine Reihe von möglichen Verbindungen zwischen dem hier vorgelegten Text und der Regentschaft Isme-Dagäns I. Der
vielleicht auffälligste Bemhrungspunkt ist der Assur-Enlil-Synkietismus, der in Assur unter Isme-Dagäns Vater Samsl-Adad zur
herrschenden Lehre wurde. Inschriften Samsl-Adads, die den Umbau des Assur-Tempels beschreiben, z. B. RIMA 1,39.1, nennen den
göttlichen Bewohner des Heiligtums nicht mehr Assur, sondern Enlil (zu den architektonischen Implikationen dieser neuen religiösen
Konzeption siehe P. Miglus, in: J.-W. Meyer et al. (Hrsg.), Fs. W. Orthmann, 322-27). Die neue Assur-Enlil-Theologie, die Isme-
Dagän gewiß ebenfalls promulgierte, ist auch für unseren Text charakteristisch.

Ob es unter Isme-Dagän zu Unterbrechungen des Assur-Kultes kam, wie sie VAT 14418 voraussetzt, ist unklar, doch insbesondere
die drei Aufenthalte des Königs im babylonischen Exil, die z. T. durch feindliche Angriffe auf das assyrische Kernland bedingt waren,
kämen durchaus als Zeitpunkte für entsprechende Chaoszeiten in Frage. So heißt es etwa in dem Mari-Brief ARM 26/2, no. 526, die
gegen Isme-Dagän aufbegehrenden Turukkäer hätten das Umland von Ekallätum geplündert und „außer Ekallätum, das sich zu retten
vermochte, nichts in seinem Land zurückgelassen".

Schließlich verdient Beachtung, daß die Rekonstmktionsarbeiten am Assur-Tempel schildernde Assur-A-Inschrift Asarhaddons (680-
669 v. Chr.), die offenbar auf unseren Text direkt Bezug nimmt (s. unten Anm. zu Vs. 13’), explizit auch an die von Isme-Dagäns Vater
durchgeführte Bautätigkeit an dem Tempel erinnert.

Allerdings ist zugleich zu bedenken, daß unklar ist, ob der Tempel (E.KUR), der in Vs. 17’ - Rs. 7’ unseres Textes erwähnt wird,
in Assur (hierfür spricht Vs. 12’) oder Nippur zu verorten ist oder ob, wie Vs. 14’ und 17’ anzudeuten scheinen, von Heiligtümer
in beiden Städten die Rede sein könnte. Auch sollte man nicht außer Acht lassen, daß weder Inschriften noch der archäologische
Befund Evidenz für massive Zerstömngen und einen Wiederaufbau des Assur-Tempels unter Isme-Dagän I. bieten. Die im Text
angesprochene Feuersbrunst erinnert stattdessen an den Brand, der dem Wiederaufbau des Tempels unter Salmanassar I. (1273-1244
v. Chr.) voranging (RIMA 1,77.1, Z. 112-28 u. ö.; Borger, Die Inschriften Asarhaddons, 3, Assur A, iii 27-29). Es ist daher denkbar,
daß der Text, sofern er wirklich von Isme-Dagän I. handelt, nicht in dessen Regierungszeit, sondern, wenn auch vermutlich unter
Rückgriff auf älteres Textmaterial, zu einem späteren Zeitpunkt abgefaßt und auf neue ideologische Bedürfnisse hin zugeschnitten
wurde. Genauer festlegen läßt sich der Zeitpunkt seiner Abfassung gegenwärtig jedoch nicht. Man kann nur hoffen, daß nach der
Vorlage der beiden hier veröffentlichten Fragmente weitere Manuskiipte des Textes zutage kommen werden, die ein sichereres Urteil
über seinen Skopus erlauben.

Vs. 2’: Die Raumverhältnisse sprechen dafür, daß A nach an\-nu-ü den vollständigen Wortlaut des in B durch KIMIN „dito"
abgekürzten Textsegments wiedergegeben hat. Eventuell ist in B vor an-nu-u u[m\-ma zu lesen, doch dies ist sehr unsicher.

3’: Vgl. Vs. 9’. Möglicherweise ist davon die Rede, daß der Gott sich weigert, mit irgendjemandem außer dem in Z. 4’ genannten

nägiru zu sprechen.

4’: Die Spuren in B legen eher die Lesung rrV- rtr-sü nahe, die inhaltlich jedoch sinnlos erscheint. Der hier genannte nägiru

„Herold" dürfte mit dem in Rs. 11’ aufgeführten nägir mät Assur „Herold Assyriens" identisch sein (evtl. ist auch hier
entsprechend zu lesen), bei dem es sich offenbar um Isme-Dagän handelt. Der Titel nägiru, den L. Sassmannshausen, BaM
26 (1995), 85-194 ausführlich diskutiert hat, ist m. W. sonst nur ein einziges Mal als Funktionsbezeichnung eines assyrischen
Regenten bezeugt, in RIMA 1,27.1, Z. 6. Dort wird Silulu, ein fmhaltassyrischer Herrscher, der evtl. mit Sulilu/Sule aus
der assyrischen Königsliste zu identifizieren ist (siehe Yamada, ZA 84, 19), als NIMGIR umA-sür kl „Herold der Stadt
Assur" bezeichnet. Auch die im 8. Jahrhundert v. Chr. amtierenden Herrscher von Sühu am mittleren Euphrat gebrauchten
den Titel, und Assurbanipal apostrophiert in einer seiner Inschr iften den Regenten von Qirbit als nägiru (für Belege siehe
Sassmannshausen,5öM26,157f.).

5’: Die Schreibung dDa-KAM für Dagän ist auch in VAT 10290, einem aus Assur stammenden neuassyrischen Manuskiipt von

„Sargon, König der Schlacht", bezeugt (siehe J. G. Westenholz, Legends ofthe Kings ofAkkade, 134f„ 388); allerdings ist
das Zeichen KAM dort etwas weniger schräg geschrieben als in VAT 14418.

6’: Vgl.Rs. 13’.

8’: Der Sinn dieser Zeile bleibt mir verschlossen. Es ist denkbar, daß sie nicht mehr zur direkten Rede Isme-Dagäns gehört.

9’: Die oben fragend vorgeschlagene Übersetzung „höre wohk' setzt die Lesung: si-tam-me voraus, die mit den Spuren vereinbar

erscheint, inhaltlich aber problematisch bleibt. Alternative Lesungen, die sich epigraphisch jedoch nur unter großem Vorbehalt
vertreten lassen, sind i\s-tam-me „er hörte" oder i\t-tam-me „er sagte" (zu erwarten wäre freilich eher i-tam-me)', in beiden
Fällen wäre das Subjekt jeweils der Gott. Die Verbindung pü + petü ist sonst bislang offenbar nirgends zusammen mit itti
bezeugt, siehe CAD P, 345f„ 352a.

10’: In Ms. B beachte man hier und in Z. 11’ und 12’ die besondere Form des Zeichens TA.

12’: annaka „hier" zeigt an, daß der Schauplatz des Geschehens Assur und nicht Nippur ist. Am Schluß ist wohl eher ze-ru-ku als
ge-ru-ku zu lesen. Vielleicht liegt ein Fehler für ze-na-ku vor; in diesem Fall würde das in Vs. 7’ gebrauchte Verbum z,enü
wieder aufgegriffen.

13’: Für eine weitere Bezeugung der seltenen Verbindung mqu rabü siehe CAD N/2, 252b. Was A.RI.A anbetrifft, so ist man
zunächst versucht, Gleichsetzungen mit haräbu, namü oder rihütu zu erwägen oder gar a-ri-a „nebeneinander" zu lesen,
während TAQBAR auf den ersten Blick völlig obskur bleibt. Glücklicherweise findet sich die Auflösung der änigmatischen
Zeichengmppe in Asarhaddons Assur-A-Inschrift (R. Borger, Die Inschriften Asarhaddons, 1-6), wo es in vii 13-15, nach
einer Beschreibung der Assur zugeeigneten Opfergaben und Geschenke, heißt: GIR n A.RI.A(.)TA(.)BAR / NUMUN a-hu-ü
/ ina qer-bi-sü ap-ru-us-ma „Ich (Asarhaddon) hielt (die Füße von) A.RI.A(.)TA(.)BAR, (das heißt) 'fremder Same’, von ihm
 
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