Der philosophische Glaube angesichts der christlichen Offenbarung
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Wenn aber die Einheit eines organischen Ganzen nicht ist, so ist doch in uns das
Streben zu ihr hin (als Vernunft) und im gegenstandslosen Glauben aus der Transzen-
denz her wirksam. Die Vernunft als das umgreifende Band in ständiger Bewegung und
das Eine der Transzendenz in unfaßlicher Ruhe begegnen sich, beide gegenstandslos,
beide jenseits der Subjekt-Objekt-Spaltung.
e. Zusammenfassung: die Bedeutung der Vergewisserung des Umgreifenden für den
philosophischen Glauben
i. Wenn die Erscheinung sich differenziert nach den Weisen des Umgreifenden, dann
ist für die Klarheit unseres Wahrheitsbewußtseins ihre Trennung und Verbindung glei-
cherweise notwendig. Wesentlich ist dieses:
Existenz kommt nur in den Erscheinungen der Immanenz zu sich, nicht in der unio
mystica. Transzendenz erscheint nicht. Sie spricht zur Existenz entscheidend durch
die Freiheit. Die Erfahrung existentieller Freiheit ist wie das Analogon eines Erschei-
nens der Transzendenz: wir | sind unserer Freiheit gewiß, und Freiheit ist nicht durch 47
sich selbst und weiß sich als sich geschenkt und kann sich ausbleiben, wenn sie ihr
eigener Ursprung sein will; Freiheit ist allein durch Transzendenz; das Bewußtsein die-
ses Ursprungs ist unabhängig von allem Weltsein und dadurch grenzenlos offen für
dieses Weltsein.
Anders und in fernem Abglanz spricht die Transzendenz aus allen Weisen des Um-
greifenden: alle Erscheinungen können zu Chiffern werden. Wenn etwa das Weltsein
unmittelbar spricht in den Stimmungen und Gestalten und Ereignissen der Natur, und
durch Erkenntnis neue vermittelte Sprache wird, so ist doch die Gesamtheit der hier
möglichen Chiffern vieldeutig. Sie können zur Transzendenz hin- und von ihr weg-
führen. Sie können als Sprache dämonischer Mächte wirken. Nirgends erscheint Gott
selbst. Es sind immer nur Chiffern, partikular und in viele Richtungen weisend. Die
Freiheit der Existenz hört und sieht sie, ergreift und verwirft sie.
Existenz und Transzendenz, beide also haben keine ihnen zugehörende eigene Er-
scheinung. Dem Analogon der Erscheinung der Freiheit der Existenz in der Wirklich-
keit des Menschen entspricht das Analogon einer Erscheinung der Transzendenz in
der Sprache der Chiffern.
2. Auf allen Wegen dieser Vergewisserung aber ist eines nicht denkbar: daß Trans-
zendenz eine spezifische Inkarnation als göttliche Realität in der Welt, unterschieden
von aller anderen Realität, als göttliche Offenbarung gebunden an Ort und Zeit, fin-
den könnte, die damit dem Bewußtsein überhaupt gegenständlich zugänglich würde.
Dieses Nichtkönnen besagt die Unmöglichkeit für uns, die wir in den Weisen
des Umgreifenden, in ihrer Trennung und Verbindung und Spannung leben. In die-
sem Rahmen der Gesamtheit der Weisen des Umgreifenden ist solche Inkarnation
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Wenn aber die Einheit eines organischen Ganzen nicht ist, so ist doch in uns das
Streben zu ihr hin (als Vernunft) und im gegenstandslosen Glauben aus der Transzen-
denz her wirksam. Die Vernunft als das umgreifende Band in ständiger Bewegung und
das Eine der Transzendenz in unfaßlicher Ruhe begegnen sich, beide gegenstandslos,
beide jenseits der Subjekt-Objekt-Spaltung.
e. Zusammenfassung: die Bedeutung der Vergewisserung des Umgreifenden für den
philosophischen Glauben
i. Wenn die Erscheinung sich differenziert nach den Weisen des Umgreifenden, dann
ist für die Klarheit unseres Wahrheitsbewußtseins ihre Trennung und Verbindung glei-
cherweise notwendig. Wesentlich ist dieses:
Existenz kommt nur in den Erscheinungen der Immanenz zu sich, nicht in der unio
mystica. Transzendenz erscheint nicht. Sie spricht zur Existenz entscheidend durch
die Freiheit. Die Erfahrung existentieller Freiheit ist wie das Analogon eines Erschei-
nens der Transzendenz: wir | sind unserer Freiheit gewiß, und Freiheit ist nicht durch 47
sich selbst und weiß sich als sich geschenkt und kann sich ausbleiben, wenn sie ihr
eigener Ursprung sein will; Freiheit ist allein durch Transzendenz; das Bewußtsein die-
ses Ursprungs ist unabhängig von allem Weltsein und dadurch grenzenlos offen für
dieses Weltsein.
Anders und in fernem Abglanz spricht die Transzendenz aus allen Weisen des Um-
greifenden: alle Erscheinungen können zu Chiffern werden. Wenn etwa das Weltsein
unmittelbar spricht in den Stimmungen und Gestalten und Ereignissen der Natur, und
durch Erkenntnis neue vermittelte Sprache wird, so ist doch die Gesamtheit der hier
möglichen Chiffern vieldeutig. Sie können zur Transzendenz hin- und von ihr weg-
führen. Sie können als Sprache dämonischer Mächte wirken. Nirgends erscheint Gott
selbst. Es sind immer nur Chiffern, partikular und in viele Richtungen weisend. Die
Freiheit der Existenz hört und sieht sie, ergreift und verwirft sie.
Existenz und Transzendenz, beide also haben keine ihnen zugehörende eigene Er-
scheinung. Dem Analogon der Erscheinung der Freiheit der Existenz in der Wirklich-
keit des Menschen entspricht das Analogon einer Erscheinung der Transzendenz in
der Sprache der Chiffern.
2. Auf allen Wegen dieser Vergewisserung aber ist eines nicht denkbar: daß Trans-
zendenz eine spezifische Inkarnation als göttliche Realität in der Welt, unterschieden
von aller anderen Realität, als göttliche Offenbarung gebunden an Ort und Zeit, fin-
den könnte, die damit dem Bewußtsein überhaupt gegenständlich zugänglich würde.
Dieses Nichtkönnen besagt die Unmöglichkeit für uns, die wir in den Weisen
des Umgreifenden, in ihrer Trennung und Verbindung und Spannung leben. In die-
sem Rahmen der Gesamtheit der Weisen des Umgreifenden ist solche Inkarnation